# taz.de -- Atomprogramm Iran: Mehr Sanktionen, mehr Exporte | |
> Angela Merkel droht wegen des iranischen Atomprogramms mit strengeren | |
> Sanktionen. Teheran schert das kaum, es hat andere Freunde - auch in | |
> Deutschland. | |
Bild: Wenn Deutschland nicht will, sucht Mahmud Ahmadinedschad sich eben woande… | |
BERLIN taz | Auf den ersten Blick wirkt es, als seien die Zeiten vorbei, in | |
denen Deutschland und der Iran enge Wirtschaftspartner waren: Mit Siemens, | |
ThyssenKrupp und Daimler nehmen gleich drei große Konzerne, die schon lange | |
in dem Land engagiert sind, keine Aufträge mehr an. Banken und | |
Versicherungen wie die Deutsche und die Commerzbank, die Allianz und die | |
Münchner Rückversicherung haben sich zurückgezogen. | |
Und auch CDU-Bundeskanzlerin Angela Merkel setzt weiter auf eine | |
Abkopplung. "Wenn sich Iran Verhandlungen über sein Nuklearprogramm weiter | |
verschließt, sind wir entschlossen, den Weg von Sanktionen weiterzugehen", | |
drohte sie während ihres Israelbesuchs Anfang des Monats. | |
Nichtsdestoweniger nehmen die deutschen Exporte in den Iran wieder zu. | |
So deutlich wie Merkel diesmal war die Bundesregierung lange nicht gewesen. | |
Vor zwei Jahren etwa lautete die politische Vorgabe "Entmutigung". Damals | |
appellierte ein Regierungssprecher an die Unternehmen, bei Iran-Geschäften | |
"gewissermaßen sich selbst zu beschränken". Seitdem hatte sich | |
beispielsweise Siemens dafür kritisieren lassen müssen, dass es | |
Telefonanlagen geliefert hatte, mit denen das Regime in Teheran | |
Telefonkunden abhören könnte. | |
Wegen der Zweifel an der friedlichen Natur des iranischen Atomprogramms | |
hatte der UN-Sicherheitsrat das Waffenembargo gegen den Iran im Sommer 2010 | |
auf bestimmte Transport- und Finanzgeschäfte erweitert. Die USA und die EU | |
hatten darüber hinaus noch Sanktionen gegen den Energiesektor verhängt. | |
Teheran sucht sich seine Partner nun notgedrungen anderswo. Und findet sie | |
auch: nicht nur im Nahen Osten wie im Irak, in Syrien oder im Libanon, | |
sondern auch im Fernen. Das rohstoffhungrige China etwa hat es sich zur | |
Regel gemacht, keine politischen Bedingungen an eine wirtschaftliche | |
Zusammenarbeit zu stellen. Wie die im November 2010 von der | |
Whistleblower-Plattform Wikileaks veröffentlichten US-Depeschen zeigen, | |
orderte man von China aus offenbar Siemens-Computer, die dann in den Iran | |
geliefert wurden. | |
Die Washington Post berichtete, die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt | |
unterlaufe bewusst die UN-Sanktionen. Die US-Regierung sei zu dem Schluss | |
gekommen, dass chinesische Firmen bei der Verbesserung iranischer | |
Raketentechnologie und bei der Entwicklung von Nuklearwaffen helfen. China | |
sei zudem das letzte größere Land mit bedeutenden Investitionen in der Öl- | |
und Gasindustrie des Iran. "Jeder andere hat sich zurückgezogen. Sie stehen | |
alleine da", zitierte die Zeitung einen US-Regierungsbeamten. | |
Tatsächlich aber nehmen auch die deutschen Exporte in den Iran wieder zu. | |
Nach Angaben des Statistischen Bundesamts kletterten sie in den ersten elf | |
Monaten 2010 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 2,6 Prozent - auf fast 3,5 | |
Milliarden Euro. Vor zwei Jahren waren sie mit 3,58 Milliarden Euro noch | |
etwas teurer gewesen. | |
Auch wenn der Iran damit in der deutschen Exportrangliste insgesamt nur auf | |
Platz 38 steht, ist er für eine Branche dennoch ein ganz wichtiger Markt: | |
Der deutsche Maschinenbau exportierte allein Waren im Wert von fast 1,3 | |
Milliarden Euro dorthin - fast 17 Prozent mehr als im Jahr zuvor. | |
Der Kampagne gegen das iranische Atomwaffenprogramm Stop the Bomb zufolge | |
waren darunter auch sogenannte Dual-use-Güter, also Waren, die sowohl zivil | |
als auch militärisch genutzt werden können, wie etwa Ersatzteile für | |
Helikopter. Die Lieferungen vom Iran nach Deutschland schossen sogar um 76 | |
Prozent in die Höhe. Dabei handelte es sich vor allem um Öl- und | |
Gaslieferungen, bei denen auch die Preise deutlich angestiegen waren. | |
15 Feb 2011 | |
## AUTOREN | |
Nicola Liebert | |
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