# taz.de -- Hamburger FDP-Spitzenkandidatin Katja Suding: Der Blickfang | |
> Auf Katja Suding ruhen alle Hoffnungen der FDP, die seit sieben Jahren in | |
> der außerparlamentarischen Opposition schmort. Die Botschaft: "KatJa". | |
Bild: Denkt positiv: Katja Suding beim FDP-Landesparteitag. | |
HAMBURG taz | Nett ist sie, die Katja Suding. Freundlich, aufmerksam, | |
geduldig. Und immer gut gelaunt. Manchmal kann sie sehr konzentriert | |
zuhören, aber spätestens, wenn sie antwortet, lächelt sie wieder. Sie ist | |
ein positiv denkender Mensch. | |
Vor zwei Wochen, auf einer Podiumsdiskussion des DGB vor mehr als 100 | |
Personal- und Betriebsräten, hatte Katja Suding ein Auswärtsspiel. | |
Eingeklemmt zwischen Rot-Grün saß sie da, zwischen Olaf Scholz und Anja | |
Hajduk. | |
Sie begann zaghaft, wurde zusehends sicherer, fügte schließlich der Aussage | |
"Es wundert Sie vielleicht, aber ich bin für starke Gewerkschaften" die | |
Aufforderung hinzu: "Jetzt könnten Sie eigentlich mal klatschen." Einige | |
klatschten höflich. Es sei "das Adrenalin", sagt sie hinterher mit | |
glänzenden Augen, das genieße sie. Druckempfindlich ist sie nicht. Sie zu | |
unterschätzen, wäre ein Fehler. | |
Katja Suding will die Hamburger FDP wieder in die Bürgerschaft führen. Mit | |
frischem Wind, mit wehenden Haaren, im gelben Friesennerz lacht sie von den | |
Plakaten, als "unser Blickfang", wie Parteichef Rolf Salo sagt. Die Aussage | |
ist simpel: "KatJA". Und: "Positiv denken. Positiv handeln." | |
Reduzierter geht es nicht, die Botschaft ist die Frau selbst, die Bild "die | |
schärfste Waffe der FDP" nennt. Katja Suding zuckt die Schultern. Da müsse | |
man eben durch, als Frau, als Politikerin. Ob es ihr besser gefiele, wenn | |
die taz sie "das menschliche Antlitz des Neoliberalismus" nennen würde? | |
Katja Suding hebt kurz die Augenbrauen und sagt: "Von Ihnen hätte ich mehr | |
erwartet." | |
Die 35-jährige PR-Beraterin ist für all das, wofür Freidemokraten eben so | |
sind: mehr Wirtschaft, mehr Sparen, mehr Arbeit, weniger Staat und mehr | |
Eigenverantwortung, mehr Kultur und mehr Bürgerrechte, und für bessere | |
Schulen und bessere Kitas ist Katja Suding natürlich auch. | |
An dieser Stelle erwähnt sie gewöhnlich ihre Söhne, acht und sieben Jahre | |
alt: "Ich als Mutter weiß, wovon ich rede." In ihrem Halbtagsjob in einer | |
Hamburger PR-Agentur macht Katja Suding Werbung für Alkoholika wie Baileys | |
oder Smirnoff. Das sei "schon sensibel", räumt sie ein: "Ich will ja nicht | |
Jugendliche zum Trinken harter Sachen animieren." | |
Bei Journalisten hat Katja Suding sich beliebt gemacht. Sie ist fotogen und | |
pflegeleicht, lächelt frisch in jede Kamera und spricht kurze, knappe | |
Statements in die Mikrophone. Eine Schulung habe sie nicht gemacht, sie sei | |
einfach, wie sie sei: "Eigentlich", sagt Katja Suding, "rede ich gar nicht | |
gern so viel." | |
Und eine talentierte Straßenwahlkämpferin ist Katja Suding auch noch. Sie | |
geht strahlend auf Passanten zu und fragt: "Wollen Sie sich mal gerne über | |
mich informieren?" Sie verteilt blaugelbe Eiskratzer mit dem Aufdruck "Wir | |
schaffen Durchblick. FDP." In diesem kühlen Winter gehen die gut, selbst | |
auf dem Spritzenplatz im Szene-Viertel Ottensen, wo Punks Dosenbier | |
schlürfen und in Sichtweite ein halbes Dutzend prominenter GALierInnen | |
wohnen. "Das ist hier Grünland", grinst ein FDPler am Wahlkampfstand, "wir | |
werden hier nur stundenweise geduldet." Und schaut zu Katja Suding rüber, | |
die lachend mit einem Paar mittleren Alters plaudert. "So eine", sagt er, | |
"hatten wir noch nie." | |
Katja Suding ist die Galionsfigur der seit langem zerstrittenen Hamburger | |
FDP. 1993 flogen die Liberalen aus der Bürgerschaft, 2001 schafften sie mit | |
hauchdünnen 5,1 Prozent ein Comeback, um dann in der Koalition mit CDU und | |
Schill-Partei binnen zweieinhalb Jahren pulverisiert zu werden. Seitdem | |
verbrauchte der Haufen intriganter alter Männer in der | |
außerparlamentarischen Opposition ein halbes Dutzend Vorsitzende und | |
Spitzenkandidaten. | |
Auch Katja Sudings Nominierung verlief nicht reibungslos. Kurz vor | |
Weihnachten schlug Parteichef Salo, der seine eigene Chancenlosigkeit | |
erkannt hatte, sie im Landesvorstand als Spitzenkandidatin vor. Ein Drittel | |
des Gremiums stimmte gegen sie, bei ihrer offiziellen Kür auf einem | |
Parteitag am 4. Januar bekam sie ebenfalls nur 67 Prozent. "Ehrliches | |
Ergebnis" nennen Politiker gewöhnlich solche wenig glänzenden Resultate, | |
Katja Suding sagt: "Dann muss ich die anderen wohl noch von mir | |
überzeugen." | |
Dass ihre Karriere beendet ist, wenn die FDP am Sonntag an der | |
Fünf-Prozent-Hürde scheitert, weiß sie. Dass sie im Erfolgsfall ihre | |
Bürgerschaftsfraktion im Griff haben könne, glaubt sie zumindest. Dass sie | |
und die FDP "nicht um jeden Preis mitregieren" wollen, beteuert sie | |
mehrfach. Denn das Image der pöstchengeilen Umfallerpartei haftet den | |
Liberalen noch immer an. Sudings Taktik ist, so zu tun, als ob sie das | |
nichts anginge. "Früher", ja, das könne so gewesen sein, vor ihrer Zeit. | |
Das sei nicht das, wofür sie stehe. | |
Katja Suding steht vor allem für das Gegenteil von grüner Politik. | |
"Umweltzone, City-Maut, Stadtbahn, Anti-Auto-Politik" zählt sie auf, und | |
dann noch "die Einheitsschule" - nicht mit ihr. Wenn man die Grünen lasse, | |
dann würde "ganz Hamburg zum Naturschutzgebiet, und Arbeitsplätze gibt es | |
nur noch für Vogelkundler", sagt Suding. Deshalb sei entscheidend, "wem die | |
Schlüsselfunktion" als Koalitionspartner der SPD zufalle - der GAL oder der | |
FDP: "Das macht den Unterschied." | |
Da hat sie sicher Recht. | |
15 Feb 2011 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
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