# taz.de -- Kolumne Nebensachen aus Peking: Null Toleranz für Fälscher | |
> In China gab es eine ganze Reihe von Plagiatsskandalen, der | |
> Wissenschaftsminister hat eine "Null-Toleranz-Kampagne" ausgerufen. | |
"Jetzt ist es an der Zeit, Ihren Lebenslauf zu überarbeiten." Mit diesem | |
Rat muss sich derzeit nicht nur der deutsche Verteidigungsminister | |
Karl-Theodor zu Guttenberg herumplagen - auch in China werden allenthalben | |
Bewerbungsunterlagen und Biografien aufpoliert. Nach einer Reihe von | |
Plagiatsskandalen und Affären um gekaufte akademische Titel hat | |
Wissenschaftsminister Wan Gang eine "Null Toleranz"-Kampagne ausgerufen. | |
"Wir werden die Vergangenheit dieser Forscher, die ihre Arbeiten | |
verfälschen, ausgraben und sie bestrafen", drohte er. | |
So verlor erst vor wenigen Tagen ein 45-jähriger Professor der renommierten | |
Hochschule für Kommunikation in Xian seinen prestigeträchtigen | |
Wissenschaftspreis. Dem Professor, Li Liansheng, waren sechs Kollegen auf | |
die Schliche gekommen, die etwa 30 Beispiele abgekupferter | |
Forschungsergebnisse Lis im Internet veröffentlicht hatten. | |
Debattiert wurde auch die Affäre um einen prominenten Geschäftsmann namens | |
Tang Jun. Der war ertappt worden, dass er sich mit einem womöglich | |
gekauften akademischen Grad einer obskuren Hochschule in den USA schmückte | |
- aber dann glauben ließ, er habe den PhD an der renommierten California | |
Institute of Technology erworben. Als seine Schummelei aufflog, redete er | |
sich mit einem Versehen seines Verlags heraus, der seinen Bildungsweg | |
falsch beschrieben habe. | |
Tang Jun ist nur einer von vielen in China, denen solche Irrtümer in den | |
letzten Jahren unterliefen: Schräge Doktoren, Magister und Bachelors gibt | |
es, wenn man chinesischen Hochschulexperten glaubt, wie Sand am Meer. Und | |
für die echten Akademiker steht inzwischen eine ganze Ghostwriter-Industrie | |
bereit, um ihnen wissenschaftliche Publikationen per "Copy & Paste" zu | |
verfassen - gegen eine Gebühr. | |
Doch auch in der Politik wird ein Doktor - oder wenigstens der Magister - | |
immer wichtiger, wenn man Karriere machen will. Lang vergessen scheinen die | |
Zeiten der Kulturrevolution, als Mao Zedong Intellektuelle als "Stinkende | |
Neunte Kategorie" denunzierte und die Hochschulen schließen ließ, um den | |
Klassenkampf besser vorantreiben zu können. | |
Doch - anders als im Fall von Geschäftsleuten und Professoren - wissen sich | |
Chinas Politiker gegen unliebsame Plagiatsjäger und Titelkontrolleure zu | |
schützen. Ihre Dissertationen stehen im Giftschrank. Darum dürfte sie ihr | |
deutscher Kollege wohl beneiden. | |
21 Feb 2011 | |
## AUTOREN | |
Jutta Lietsch | |
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