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# taz.de -- Prozess gegen Christival-Demonstrantin: Anzeige gegen Anzeige
> Eine queere Demonstrantin soll 800 Euro Strafe wegen falscher
> Verdächtigung zahlen. Sie hatte der Polizei vorgeworfen, sie mit dem
> Schlagstock geschlagen zu haben.
Bild: Demo gegen das Christival: AktivistInnen sollen hier mit Schlagstöcken g…
BREMEN taz | Das Urteil ist hart, die Reaktionen darauf harsch. 800 Euro
Geldstrafe soll die Aktivistin O. zahlen, urteilte das Amtsgericht Bremen
am gestrigen Freitag. O. habe die Polizei "falsch verdächtigt", sie am
Rande einer Demo gegen das evangelikale Christival mit einem Schlagstock
geschlagen zu haben. Nicht nur SympathisantInnen im Gerichtssaal, sondern
auch die Landeschefin der Linkspartei und der Deutsche Gewerkschaftsbund
sprachen von einem "Skandal".
Anzeigen gegen PolizistInnen, so der gemeinsame Vorwurf, würden
"systematisch" zu Gegenanzeigen und Kriminalisierungen der Anzeige
stellenden Personen führen. Das habe in Deutschland "Methode", wird mit
Verweis auf einen Bericht von Amnesty International gesagt. O. hatte, zuvor
bereits einem allerdings eingestellten Verfahren wegen "versuchter
Gefangenenbefreiung" ausgesetzt, Strafanzeige wegen Körperverletzung gegen
Unbekannt gestellt. Die Ermittlungen wurden "mangels Beweisen" eingestellt.
Monate später wurde O. jedoch selbst angezeigt - wegen falscher
Verdächtigung der Polizei.
O. hatte im Mai 2008 auf dem "Christival", das auch Forum homophober Lehren
war, an einer Spontandemo queerer AktivistInnen teilgenommen. Zuerst
veranstalteten sie einen Kiss-In in einer Kirche. Als sie von dort, teils
mit Schlägen, vertrieben wurden, setzten die AktivistInnen ihre Aktion beim
Freiluft-Beten am Bremer Marktplatz fort. Dort wurde O. in Gewahrsam
genommen - ein Einsatz, der im Prozess auch von der Polizei als "etwas
ruppiger" beschrieben wurde: Es hat "ein bisschen geknallt", sagte einer
der Beamten.
Eine Ärztin attestierte O. ein paar Tage später mehrere Blutergüsse, dazu
Prellungen, Quetschungen. Sie wurde mit einem Schlagstock geschlagen, so
der Vorwurf an die Polizei. Doch die bestreitet das vehement, will nur
"einfache körperliche Gewalt" angewandt haben.
Die Amtsrichterin hegte "keinen Zweifel", dass es "nicht zu einem
Schlagstockeinsatz gekommen ist". Das sei "lückenlos" aufgeklärt. Der
Staatsanwalt sah das ähnlich und forderte 960 Euro Geldstrafe. Die
Verteidigerin indes spricht von offenen Fragen, allerlei
"Merkwürdigkeiten", einem Verstoß gegen ihre "elementaren Rechte", von
Befangenheit bei Gericht und Staatsanwaltschaft.
"Trotz eines ärztlichen Attests und äußerst widersprüchlicher
ZeugInnenaussagen der Polizei, wird der Betroffenen nicht geglaubt",
kritisiert der DGB. Übergriffige Polizeibeamte würden zu "Opfern" gemacht
und "müssten sich nicht mehr für ihr Verhalten rechtfertigen", so die
Linkspartei.
Die Angeklagte, die während des Prozesses geschwiegen hatte, sprach im
Schlusswort von "Polizeiwillkür" und forderte eine Kennzeichnungspflicht
von PolizistInnen ein. TäterInnen seien sonst meist nicht zu
identifizieren. Zudem müssten, ähnlich wie in Hamburg und Berlin, Daten zur
Körperverletzung im Amt statistisch erhoben werden. Das Urteil ist noch
nicht rechtskräftig und hat möglicherweise ein parlamentarisches Nachspiel.
25 Feb 2011
## AUTOREN
Jan Zier
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