# taz.de -- die wahrheit: Glücklich in Grossbhutanien | |
> David Cameron ist Buddhist geworden. Der britische Premier hat viel Geld | |
> lockergemacht, um das Bruttosozialglück der Nation zu messen... | |
... Zwei Millionen Pfund im Jahr kostet es, um Hunderttausende von Menschen | |
zu befragen, ob sie zufrieden sind. Im April geht es mit den ersten vier | |
Fragen los: Wie zufrieden bist du mit deinem Leben? Wie glücklich warst du | |
gestern? Wie besorgt warst du gestern? Inwieweit, glaubst du, sind die | |
Dinge, die du in deinem Leben tust, die Mühe wert? Sicher nicht, solche | |
Fragen zu beantworten. | |
Später kommen Fragen nach dem Zerrüttungszustand der Ehe, nach | |
Freundschaftsverhältnissen und dem gesundheitlichen Wohlbefinden hinzu. | |
Fragen nach dem Sexualverhalten sind nicht geplant, denn es ist ja bekannt, | |
dass bei Briten höchstens die Oberlippe steif wird. Cameron glaubt, der | |
Staat könne dazu beitragen, dass sich die Bürger "besser fühlen". Ganz | |
Großbritannien soll zu einem riesigen Wellness-Bereich werden. | |
Das hat sich Cameron von Bhutan abgeschaut, gegen das Großbritannien ab | |
Ende des 18. Jahrhunderts einen hundertjährigen Krieg geführt hat. Die 1895 | |
von den Briten als Statthalter eingesetzte Wangchuk-Dynastie regiert den | |
buddhistischen Himalajastaat noch heute, aber die Nachfahren des damaligen | |
Königs haben das Land in eine parlamentarische Monarchie umgewandelt. König | |
Jigme Khesar Namgyel Wangchuk sagte einmal, dass das Bruttosozialglück | |
wichtiger sei als das Bruttosozialprodukt. Das macht den Reiz für den Tory | |
Cameron aus, denn mit Letzterem kann er keinen Staat machen - im Gegenteil: | |
Der Staat will in den nächsten vier Jahren 80 Milliarden Pfund einsparen, | |
und zwar bei den unteren Einkommensschichten, wo es kaum Tory-Wähler gibt. | |
Da trifft es sich gut, dass eine Studie zu dem Ergebnis gekommen ist, die | |
Zufriedenheit mit dem Leben habe in Großbritannien in den vergangenen 40 | |
Jahren nicht mit steigendem Einkommen und wachsendem Bruttosozialprodukt | |
Schritt gehalten. Das gilt übrigens auch für andere Länder, zum Beispiel | |
Libyen: Dort hat sich das Bruttosozialprodukt seit 2004 mehr als | |
verdoppelt, aber die Menschen scheinen recht unzufrieden. Geld allein macht | |
also nicht glücklich. In Cameronscher Reziproklogik kann man es den Armen | |
deshalb auch kürzen, davon werden sie nicht unglücklicher. | |
Es geht ja um das subjektives Wohlbefinden. Bisherige Untersuchungen haben | |
ergeben, dass Frauen sich besser fühlen als Männer. Junge Menschen sind | |
glücklicher als alte, Verheiratete sind zufriedener als Unverheiratete. | |
Aber man könne auch zu glücklich sein. Exzessives Glück führe zu | |
Gutgläubigkeit, weshalb die Gustav Gänse zu unbedachten Entscheidungen | |
neigen. Auf der Glücklichkeitsskala, die bis zehn reicht, sei deshalb ein | |
Wert von sieben bis acht am besten - vermutlich der Durchschnittswert einer | |
jungen, verheirateten Tory-Wählerin. | |
Einen Punkt in der Verfassung Bhutans hat Cameron allerdings übersehen: Das | |
Bruttosozialglück werde durch "gute Staatsführung" vermehrt. Die zwei | |
Millionen Pfund im Jahr kann Cameron sich sparen. | |
28 Feb 2011 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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