# taz.de -- Attentat im Frankfurter Flughafen: Der Zufallsfang | |
> Nur eine Ladehemmung seiner Waffe verhinderte Schlimmeres beim Attentat | |
> in Frankfurt. Jetzt ist der Täter geständig. Verbindungen zu | |
> Terrororganisationen streitet er jedoch ab. | |
Bild: Alarmstufe Rot auf dem Flughafen Frankfurt am Main. | |
FRANKFURT/MAIN taz | „Das Cafe` Rundblick hat geöffnet.“ Die gegen 15.20 | |
Uhr überall auf dem größten deutschen Flughafen zu hörende | |
Lautsprecherdurchsage des Codes für die höchste Alarmstufe mobilisierte am | |
späten Mittwochnachmittag alle Sicherheitskräfte. Doch die Bundespolizei | |
hatte ihren Job da schon erledigt und den Killer von zwei US-Soldaten – | |
zwei weitere GIs wurden bei dem Attentat lebensgefährlich verletzt – | |
festgenommen. | |
Ein Zufallsfang. Denn der 21 Jahre alte, im Kosovo geborene und in | |
Frankfurt aufgewachsene geständige Todesschütze Arid U. (Klarname) lief den | |
Beamten im Terminal II des Airports nach der Tat und auf der Flucht noch | |
mit dem Revolver in der Hand direkt in die Arme. | |
Die kriminaltechnische Untersuchung der Waffe ergab dann, dass wohl nur | |
eine Ladehemmung der Pistole den deutschen Staatsbürger und Islamisten Arid | |
U. daran gehindert hat, noch mehr Soldaten zu töten. Schließlich saßen in | |
dem dunkelblauen Militärbus rund ein Dutzend US- und Nato-Soldaten, die | |
eigentlich auf einer Airbase der Royal Air Force in Lakenheath in England | |
stationiert sind. Von London aus waren sie nach Frankfurt geflogen. | |
Als der Attentäter ohne Vorwarnung das Feuer eröffnete, warteten sie im Bus | |
vor dem Terminal am Rande der jedem Besucher des Flughafens frei | |
zugänglichen öffentlichen Zubringerstrasse auf ihren Weitertransport zur | |
US-Base Ramstein in der Westpfalz. Der Fahrer wurde tödlich getroffen, zwei | |
der Soldaten schwer verletzt. Zudem knallte Arid U. einen sich vor dem Bus | |
aufhaltenden GI aus nächster Nähe ab. | |
Bei seiner Festnahme fanden die Beamten noch mehrere Schachteln mit | |
Munition. Offenbar wollte der sich bei „Facebook“ seinen „Freunden“ als… | |
von Killerspielen offenbarende Frankfurter Gotteskrieger unter den | |
US-Soldaten tatsächlich ein Blutbad anrichten. | |
Vom Ramstein aus sollten die zum 48. Liberty Wing, einem Jagdgeschwader der | |
United States Airforcees in Europe (USAFE), gehörenden Militärpolizisten | |
zum lebensgefährlichen Kriegseinsatz an die Front nach Afghanistan fliegen. | |
Jetzt wurden einige von ihnen schon im „friedlichen“ Deutschland auf einer | |
Strasse vor dem mit am besten bewachten Gebäude überhaupt im Lande getötet | |
und verwundet. | |
„Unfassbar perfide“ nannte das einer der Rettungssanitäter, die nur Minuten | |
nach dem Attentat, das „niemand hätte verhindern können“, so der | |
„erschütterte und geschockte“ hessische Innenminister Boris Rhein, am | |
Tatort waren. Sie konnten bei zwei der Soldaten nur noch den Tod | |
feststellen. Ihre durch Schüsse in den Kopf und in die Brust schwer | |
verletzten Kameraden wurden umgehend zu Notoperationen in die nahe gelegene | |
Frankfurter Universitätsklinik verbracht. | |
Am Tag nach dem Attentat patrouillieren wieder mehr Bundespolizisten als | |
noch in den Tagen zuvor auf dem Airport - mit umgehängten Maschinenpistolen | |
über den kugelsicheren Westen: Flughafen-Terroralarmstufe rot. Noch ist | |
schließlich unklar, ob Arid U. tatsächlich nur ein Einzeltäter war, wie aus | |
Frankfurter Polizeikreisen inoffiziell zu hören ist. Oder ob der auf dem | |
Flughafen in einem Postverteilzentrum arbeitende junge Mann, dessen Eltern | |
1991 vor dem Balkankrieg nach Deutschland flüchteten, in eine | |
radikal-islamistische Terrorgruppe eingebunden war. Augen- und Ohrenzeugen | |
jedenfalls berichteten der Polizei, dass Arid U. mit dem Ruf „Allah akbar“ | |
(Gott ist groß) auf den Lippen in den US-Militärbus eingedrungen sei. | |
Noch in der Nacht zum Donnerstag wurde Arid U. im Frankfurter | |
Polizeipräsidium von Beamten des LKA Hessen verhört. Unbestätigten, in | |
Frankfurt kursierenden Gerüchten zufolge habe er die Tat zwar gestanden, | |
aber bestritten, einer terroristischen Vereinigung anzugehören. Auch | |
Bundespolizisten (FBI) aus den Staaten waren bei dieser Vernehmung | |
anwesend. Man wolle „eng und vertraulich“ mit den Amerikanern | |
zusammenarbeiten, sagte dazu ein Polizeisprecher auf Nachfrage. | |
Tatsächlich hatten sowohl US-Präsident Barack Obama als auch | |
Bundeskanzlerin Angela Merkel noch am Mittwochabend von den | |
Ermittlungsbehörden eine „rasche Aufklärung“ der ersten Tötungsdelikte m… | |
mutmaßlich islamistisch-terroristischem Hintergrund auf bundesdeutschem | |
Boden verlangt. | |
Am Donnerstagmorgen zog dann die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen an | |
sich und betraute umgehend das Bundeskriminalamt (BKA) und das | |
Polizeipräsidium Frankfurt mit der weiteren Aufklärungsarbeit. Aufgrund der | |
Tatumstände bestehe der Verdacht, „dass es sich bei dem Attentat um eine | |
islamistisch motivierte Tat handelt“, so die Generalbundesanwältin beim | |
Bundesgerichtshof, Monika Harms, in einer ersten Erklärung. | |
Daraus geht auch hervor, dass der geständige Arid U. – von dem im Internet | |
bereits Fotos kursieren - möglichst bald dem Ermittlungsrichter am | |
Bundesgerichtshof vorgeführt werden soll. Für diesen Freitag kündigte die | |
Bundesanwaltschaft dazu eine Pressekonferenz mit dem ständigen Vertreter | |
der Generalbundesanwältin beim Bundesgerichtshof, Rainer Griesbaum, an. | |
3 Mar 2011 | |
## AUTOREN | |
Klaus-Peter Klingelschmitt | |
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