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# taz.de -- Prozess gegen Jacques Chirac: "Er ist nicht mehr der Gleiche"
> Der ehemalige französische Präsident muss sich vor Gericht wegen
> Veruntreuung von Staatsgeldern verantworten. Doch vermutlich wird der
> Prozess verschoben.
Bild: Muss er sich jetzt doch noch verantworten? Von 1995 bis 2007 war Jacques …
PARIS taz | Womöglich ist der erste Verhandlungstag am Montag gegen
Ex-Präsident Jacques Chirac vor dem Pariser Strafgericht auch bereits der
letzte. Der Anwalt eines Mitangeklagten in diesem spektakulären
Veruntreuungsprozess macht in einer verfassungsrechtlich begründeten
Beschwerde geltend, dass die bisher gängige Interpretation der
Verjährungsfrist in solchen Delikten nicht gesetzeskonform sei.
Falls dem Einwand stattgegeben wird, muss das Kassationsgericht darüber
befinden und danach womöglich auch der Verfassungsrat. Auch Chiracs eigene
Anwälte beantragen mit formaljuristischen Argumenten eine Verschiebung.
Eine Vertagung auf unbestimmte Zeit könnten sie sodann mit dem Hinweis auf
den Gesundheitszustand des sichtlich gealterten Staatsmanns verlangen, der
seit seinem Rückzug aus der aktiven Politik eine der populärsten
Persönlichkeiten Frankreichs geworden ist.
"Er ist nicht mehr der Gleiche", sagen Vertraute des ehemaligen
Staatschefs, der sich nur mit kleinen Schritten, meist gestützt von
Begleitern vorwärts bewegt und unter Gedächtnislücken und Momenten völliger
Abwesenheit leiden soll. Um Gerüchten zuvorzukommen, dementierte Bernadette
Chirac kürzlich in der Presse, dass bei ihrem Gatte die Alzheimer-Krankheit
diagnostiziert worden sei. Er sei gewillt, seinem Prozess beizuwohnen.
Am ersten Verhandlungstag, der ganz der Erörterung der diversen Beschwerden
gewidmet ist, soll aber Chirac nicht im Gerichtssaal anwesend sein. Seine
Gegner hatten sich die Szene seit Langem ausgemalt. "Angeklagter, treten
Sie vor", würde der Vorsitzende des Pariser Strafgerichts rufen zu Beginn
der Verhandlung, in der sich der ehemalige Bürgermeister der Hauptstadt,
Chef der gaullistischen Partei RPR, Premierminister und spätere
Staatspräsident der Republik (von 1995 bis 2007) also doch noch wegen
Finanzdelikten aus einer Epoche verantworten muss, die bereits Geschichte
ist.
Es geht um 28 in den Jahren 1992 und 1995 von der Stadt Paris angeblich auf
Chiracs Geheiß von der Stadt Paris bezahlte Angestellte, die in
Wirklichkeit für die gaullistische Partei RPR tätig waren. Falls der
Prozess gegen Chirac fortgesetzt werden kann und am Ende ein Schuldspruch
erfolgen sollte, drohen ihm bis zu zehn Jahre Gefängnis.
Chirac bezeichnet sich als unschuldig, hat aber einem Vergleich mit der
heutigen sozialistischen Pariser Stadtregierung zugestimmt. Gegen die
Zahlung von insgesamt 2,2 Millionen Euro durch ihn und die konservative
Partei UMP verzichtet die finanziell entschädigte Stadt Paris auf eine
Klage.
7 Mar 2011
## AUTOREN
Rudolf Balmer
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