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# taz.de -- Bremen gegen Mönchengladbach: Der Fluch der guten Bank
> Werder Bremen und Borussia Mönchengladbach trennen sich 1:1. Aber dieses
> Mal waren es die Borussen, die in der Nachspielzeit die Partie noch
> drehten. Trainer Schaaf sammelte sein Team zur Trauerarbeit.
Bild: Saß in der ersten Halbzeit draußen: Der Bremer Marko Arnautovic, hier i…
BREMEN taz | "Entscheidend ist, was hinten rauskommt." Jene Pragmatiker,
die das Lebensmotto Helmut Kohls auch auf den Fußball anwenden, wurden in
den letzten beiden Heimspielen Werder Bremens eines besseren belehrt. Zwei
Unentschieden fuhren die Grün-Weißen da ein - doch unterschiedlicher hätten
die Reaktionen nicht sein können.
Während der späte Ausgleich gegen Bayer Leverkusen wie ein Befreiungsschlag
gefeiert wurde, versammelte Thomas Schaaf nach dem 1:1 gegen Borussia
Mönchengladbach seine frustrierten Mannen im Kreis zur Trauerarbeit. Denn
dieses Mal war es der Gegner, der in der Nachspielzeit die Partie noch
drehte. Dieses Mal fühlte sich das Unentschieden wie eine Niederlage an.
"Es ist richtig, dass sie sich heute ärgern", fasste Psychologe Schaaf
anschließend zusammen, was er den Spielern mit auf den Weg gegeben hatte.
"Aber mitnehmen sollen sie das Positive aus diesem Spiel". Und davon gab es
tatsächlich jede Menge. Über 70 Minuten dominierten die Bremer den
Tabellenletzten so deutlich wie lange keinen Gegner mehr im Weserstadion
und hätten zur Pause wesentlich höher führen können.
Aber da Wagner, Bargfrede und Borowski mehrfach an der Latte oder dem
hervorragenden Torwart Bailly scheiterten, blieb Wagners Kopfballtreffer in
der 39. Minute die einzige Ausbeute.
Mit seiner Aufstellung hatte Thomas Schaaf einmal mehr für Verwunderung bei
vielen Zuschauern gesorgt. Marko Arnautovic, Marko Marin und der wieder
genesene Wesley saßen draußen, dafür gehörten mit Sandro Wagner und Tim
Borowski zwei Spieler zur Anfangsformation, die bis vor kurzem niemand mehr
auf dem Zettel hatte.
Nun könnten ausgerechnet sie zum Sinnbild für Werders neues Selbstvertrauen
werden. "Da hat wohl jemand neue Batterien verteilt", sagte ein Zuschauer
mit Blick auf das Laufpensum der beiden oft etwas lethargisch wirkenden
Schlackse.
Wagner erzielte nicht nur das 1:0 in der 39. Minute - mehrfach setzte er
seine Nebenleute hervorragend ein. Und Tim Borowski gab mit seinen
Defensivqualitäten auch dem hinter ihm agierenden Mikael Silvestre spürbar
neue Sicherheit. Bei ihren Auswechslungen in der zweiten Halbzeit wurden
beide mit Standing Ovations verabschiedet - das Bremer Publikum gibt eben
jedem eine neue Chance. Das sollte auch Aaron Hunt Mut machen, der diesmal
verletzt fehlte.
Spätestens seit dem Spiel gegen Leverkusen hat Thomas Schaaf sein System
auf Abstiegskampf umgestellt. Das komplizierte Kurzpassspiel mit häufigen
Positionswechseln, das zuletzt nur noch die eigenen Leute verwirrt hatte,
wurde auf Eis gelegt. Dafür regiert im Mittelfeld jetzt wieder die gute,
alte Raute mit klaren Zuordnungen. Und wesentlich häufiger als sonst werden
die beiden Spitzen auch mal lang angespielt - oder von außen, wie am
Samstag vom erstarkten Silvestre.
Dass die "Der SVW ist wieder da"-Gesänge aus der Ostkurve doch verfrüht
kamen, lag ausgerechnet an der erstmals seit langer Zeit wieder gut
gefüllten Bank. Die nach 60 beziehungsweise 70 Minuten eingewechselten
Marin, Arnautovic und Wesley begnügten sich nicht damit, das grundsolide
Spiel ihrer Vorgänger fortzusetzen, sondern versuchten besonderen Glanz zu
verbreiten. Da ein Hackentrick, dort ein Dribbling gegen vier Gegner.
Und als Wesley den Ball in der 92. Minute vertändelte und einen völlig
überflüssigen Freistoß aus 20 Metern verursachte, nutzen Gladbachs beste
Spieler, Arango und Dante, die letzte Chance zum Ausgleich. Anders als
gegen Bayer Leverkusen und in Freiburg blieb diesmal keine Zeit mehr
zurückzuschlagen. "Das wirft uns nicht um", sagte Sandro Wagner und bewies,
dass er seinem Trainer gut zugehört hat: "Heute ärgern wir uns noch, aber
morgen geht die Vorbereitung auf Nürnberg los."
Einen Gewinner hatte dieses Spiel dann aber doch noch: Bremens in
Schieflage geratene einstige Vorzeige-Reederei Beluga Shipping, bei der
Presseberichten zufolge auch einige ehemalige und aktuelle deutsche
Bundesliga-Profis Gelder investiert haben. Bei jedem Eckball flimmert deren
lautstarker Werbespot über die beiden riesigen Leinwände des Weser
Stadions. Und Ecken gab es in diesem Spiel so viele wie selten zuvor in
dieser Saison.
13 Mar 2011
## AUTOREN
Ralf Lorenzen
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