# taz.de -- Medizinische Hilfe für Illegalisierte: Unsichtbar, unauffällig un… | |
> Hunderttausende Menschen leben illegal in Deutschland – zumeist ohne | |
> Zugriff auf medizinische Versorgung. Die Organisation "Medinetz" hilft | |
> ihnen. | |
Bild: Fernziel: Die Einrichtung eines anonymisierten Krankenscheins würde auch… | |
BERLIN taz | Sie leben unerkannt und sorgen auch sonst dafür, dass sie | |
nicht auffallen. Menschen ohne Aufenthaltstatus, die aus ökonomischen oder | |
politischen Gründen ihre Heimatländer verlassen. Laut Schätzungen des | |
Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts leben etwa 180.000 bis 420.000 | |
illegalisierte Menschen in Deutschland. Die Angaben bleiben ungenau, denn | |
bei diesen Menschen Daten zu erheben ist schwierig. | |
Viele legal eingereiste Migranten holen unerlaubt Familienangehörige zu | |
sich, um ihre Lebensumstände zu verbessern. Genauso zählen auch Opfer von | |
Menschenschiebern dazu, denen man die Papiere abnimmt und so eine | |
Abhängigkeit schafft. Im Jahr 2009 kamen vor allem Türken, Vietnamesen und | |
Serben ohne Einreise- und Aufenthaltserlaubnis nach Deutschland. | |
Von den vielen Problemen, die diese Menschen haben, ist die nicht | |
zugängliche medizinische Versorgung eines der schwersten. "Das sind alles | |
Leute, die mit viel Mut dafür kämpfen, in Deutschland leben zu dürfen", | |
sagt Maria Mann, Medizinstudentin aus Dresden. Zusammen mit 20 weiteren | |
Freiwilligen ist sie bei Medinetz aktiv. Illegalisierte erhalten hier die | |
Möglichkeit einer medizinischen Versorgung, ohne Gefahr zu laufen | |
abgeschoben zu werden. Das Recht auf körperliche Unversehrtheit ist im | |
Grundgesetz verankert, werde aber nicht umgesetzt. | |
In Dresden betreut Medinetz jährlich 50 bis 80 Hilfesuchende und kooperiert | |
dabei mit 15 niedergelassenen Ärzten und zwei Hebammen. Auch wenn Ämter und | |
Behörden gemieden werden müssen, betont Maria Mann: "Wir sind nicht | |
Untergrund." Mit 25 unabhängigen Gruppen in ganz Deutschland bietet | |
Medinetz eine Anlaufstelle in vielen Städten. Langfristig hofft die | |
Initiative, dass ihr Netzwerk überflüssig wird. | |
In der Zwischenzeit kann Medinetz viel für die Patienten tun, der | |
psychische Druck aber bleibt. Die Angst, in den öffentlichen Fokus zu | |
geraten, beherrscht ihr ganzes Leben. Maria Mann berichtet von | |
Angstzuständen, Depressionen und psychosomatischen Erkrankungen. Medinetz | |
baut in solchen Fällen den Kontakt zu einem Psychotherapeuten auf, dieser | |
kann aber nur begrenzt helfen. "Dieser Druck löst sich nur dadurch, dass | |
die Gesellschaft allen Menschen das Recht auf körperliche Unversehrtheit | |
gewährt". | |
Ein erster Schritt auf diesem Weg ist das Projekt des anonymisierten | |
Krankenscheins, der auch für Menschen ohne Papiere einen | |
Krankenhausaufenthalt ermöglicht. Die Anonymität bleibt so um jeden Preis | |
gewahrt. Auch deshalb sind Stimmen über den Erfolg solcher Engagements nur | |
schwer zu erfassen. Der Untergrund-Mensch bleibt unsichtbar, weiter | |
abgeschottet, denn zu groß ist die Angst vor dem Staat. | |
14 Mar 2011 | |
## AUTOREN | |
Tim Martens | |
Tabea Becker | |
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