# taz.de -- Netzunternehmen und Strom: Auf dem Weg zum grünen Internet | |
> Die Verwendung von Ökostrom hat sich bei High-Tech-Firmen noch nicht | |
> durchgesetzt. Nur einzelne interessante Projekte gibt es. Netznutzer | |
> können selbst etwas tun. | |
Bild: Grün beleuchten ist einfach: Stand des Unternehmens Datev auf der Comput… | |
Die Katastrophe von Fukushima zeigt eindeutig, dass wir uns schneller und | |
intensiver Gedanken über die Zukunft unserer Stromversorgung machen müssen. | |
Dabei ist Otto-Normal-Internetnutzer Teil des Problems: Unsere | |
Rechentechnik verbraucht mehr und mehr Energie, die ja irgendwo her kommen | |
muss. | |
Einige große High-Tech-Firmen machen sich Gedanken, zumindest ihre eigenen | |
Angebote klimaneutral und mit Naturstrom zu betreiben. Bekanntestes | |
Beispiel ist Google. Das Unternehmen versucht mit seinem Projekt "Clean | |
Energy Future", Teile seiner ständig wachsenden Rechenzentrumsinfrastruktur | |
selbst zu versorgen. So steckte Google immerhin 40 Millionen Dollar in eine | |
Windfarm in North Dakota, 100 Millionen in Solar- und "Alternative | |
Energy"-Jungfirmen und beteiligte sich am Aufbau einer wichtigen | |
Stromleitung am Atlantik, die Offshore-Projekte erleichtern soll. | |
Wer Google misstraut, kann sein seine persönlichen Datenaktivitäten zu | |
einem möglichst grünen Cloud-Anbieter auslagern. Die Idee: Statt | |
Abertausender einzelner PCs mit Volllast zu betreiben, sollen große, aber | |
immer noch beherrschbare Rechenzentren, diese Aufgaben bündeln. Netznutzer | |
schreiben dann direkt im Internet, rechnen oder malen dort. Allerdings sind | |
nur wenige der großen Diensteanbieter in den USA in der Lage, mit einem | |
Ökosiegel ihre CO2-Bilanz und/oder die Herkunft des Stroms zu nennen. Und | |
Atomkraft gilt vielen Anbietern im Ausland als geringeres Übel als Kohle - | |
das reicht oft schon, um "öko" zu sein. | |
Während man bei den großen Diensteanbietern oft nicht selbst kontrollieren | |
kann, wie die Firmen mit Strom umgehen, ist das in einem anderen Fall | |
durchaus möglich. Beim Server, auf dem die eigene Homepage, Domain oder | |
E-Mail-Inbox lagert. Diverse bekannte deutsche Internet-Provider bieten | |
inzwischen ein "klimafreundliches Hosting" an. | |
## Werbemaßnahme "Green IT" | |
Der Anbieter Domainfactory lässt sich beispielsweise von einer | |
Klimaschutz-Consulting-Firma zertifizieren, Host Europe wirbt mit der | |
Unterstützung von Aufforstungsprojekten und Strom aus Wasserkraft. Strato | |
will seine Energie nur aus natürlicher Quelle beziehen, 1&1 besorgt sich | |
seinen "grünen Strom" von den Stadtwerken. "Green IT" ist mittlerweile zu | |
einer Werbemaßnahme geworden. | |
Viele der Anbieter haben in den letzten Jahren außerdem ihre Technik | |
verändert, damit sie weniger Strom frisst - das hat nicht nur für die | |
Umwelt Vorteile, sondern spart schlicht Geld. Noch werben die Anbieter vor | |
allem mit dem Thema Klimaschutz, doch Werbung für "atomfreies Hosting" | |
dürfte bald hinzukommen. Wer Zweifel hat, was sein Anbieter tut - | |
schließlich wird auch Atomkraft gerne als klimafreundlich bezeichnet -, | |
sollte ihn einfach anrufen oder ihm mailen. | |
Das alte Problem, dass alle Verbraucher an einem Verbundnetz hängen und man | |
nicht einfach "Ökostrom" durchgeleitet bekommt, sondern sich dieser aus | |
komplexen Abrechnungsmodellen herleitet, besteht auch bei Hostern. Ihnen | |
würde nur helfen, wenn sie damit beginnen könnten, ihre eigene kleine, | |
grüne Kraftwerksinfrastruktur aufzubauen. Tatsächlich haben viele der | |
Firmen Notstromaggregate auf Dieselbasis auf dem Dach, die einige Stunden | |
halten. | |
Beispiele, wie Internet- und Technikfirmen sich selbst versorgen können, | |
gibt es nicht nur bei Großkonzernen. In den USA hat sich ein auf | |
Speichersysteme spezialisierter IT-Betrieb einfach ein einzelnes, 60 Meter | |
hohes Windrad neben den Parkplatz gestellt. Das System, mit rund einer | |
Million Euro recht günstig, versorgt die komplette Firmenzentrale von Other | |
World Computing in Illinois samt Rechenzentrum. Die Anlage hat sich zudem | |
schnell amortisiert: Bereits in zehn Jahren könnte es soweit sein, auch | |
dank ständig steigender Strompreise. | |
17 Mar 2011 | |
## AUTOREN | |
Ben Schwan | |
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