# taz.de -- Klimaschutz beim Fliegen: Öko-Karma mangelhaft | |
> Mit gutem Gewissen in den Urlaub fliegen und dabei die klimaschädlichen | |
> CO2-Emissionen ausgleichen? Unseriöse Ablasshändler bieten | |
> Dumping-Preise. | |
Bild: Schön, aber gefährlich: Kondensstreifen bestehen aus Ruß und Schwefel. | |
Wie kann das denn sein? Wer als Flugreisender seine klimaschädlichen | |
CO2-Emissionen ausgleichen will, stößt im Internet auf unzählige Anbieter - | |
und jeder rechnet anders. Für einen Flug von München nach San Francisco und | |
zurück soll man bei Atmosfair zum Beispiel 154 Euro zahlen. Climate Austria | |
will dagegen 48,96 Euro haben, um mit dem Geld irgendwo anders auf der Welt | |
entsprechend viele Klimagase einzusparen. Aber wer rechnet richtig? | |
Erstens müssen die Anbieter jedem Flug die richtige Menge CO2 zuordnen. Und | |
das ist gar nicht so einfach: Ein Airbus A 340 verbraucht auf der gleichen | |
Strecke zum Beispiel etwas mehr Sprit als eine Boeing 747. In einem nur | |
halb ausgelasteten Flugzeug erzeugt jeder Passagier pro Kopf viel mehr | |
Kohlendioxid als in einem vollbesetzten Flieger. In größeren Flughöhen sind | |
die gleichen Abgase schädlicher für die Atmosphäre. Sogar innerhalb | |
desselben Flugzeuges gibt es Unterschiede: In der ersten Klasse verbraucht | |
man mehr CO2 pro Person, weil in der Economy-Klasse auf der gleichen Fläche | |
mehr Reisende mitfliegen könnten. | |
Die Klimarechner müssen daher Durchschnittswerte zugrunde legen. Zum Teil | |
müssen sie dabei Daten schätzen, weil die Fluggesellschaften zum Beispiel | |
nicht die durchschnittliche Auslastung jeder einzelnen Strecke | |
veröffentlichen. Bei guten Rechnern kann man die Flugklasse oder den | |
Flugzeugtyp selbst angeben, wenn man ihn kennt. | |
Der San-Francisco-Urlauber verfliegt laut Atmosfair 6,6 Tonnen Schadstoffe. | |
Climate Austria berechnet dagegen nur 2,4 Tonnen. Das liegt auch daran, | |
dass dieser Anbieter sich allein auf Kohlendioxid konzentriert und andere | |
klimaschädliche Abgase wie Ruß oder Schwefel außen vor lässt. Solch eine | |
"Nicht-Berücksichtigung von anderen Treibhausgasen als CO2 kann das | |
Ergebnis bis zu einem Faktor von drei verzerren", kritisiert eine Studie | |
der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde, die 19 Anbieter | |
miteinander vergleicht. Atmosfair erfasst hingegen alle Abgase und rechnet | |
sie zum besseren Vergleich in Kohlendioxid um. | |
Der zweite entscheidende Punkt ist der Ausgleich der entstandenen | |
Emissionen. Mit dem Geld werden Klimaschutzprojekte finanziert - meist in | |
Entwicklungsländern, weil man dort mit dem gleichen Geldeinsatz mehr CO2 | |
einsparen kann. So entstehen etwa Windkraftanlagen in Nicaragua, | |
Solarküchen in Bangladesch oder kleine Wasserkraftwerke in Honduras. | |
Climate Austria verlangt 20 Euro, um eine Tonne CO2 auszugleichen. | |
Atmosfair will 3 Euro mehr. Aber wie viel kostet es wirklich? | |
In ihrer Studie haben die Wissenschaftler aus Eberswalde Kriterien zur | |
Bewertung entwickelt. Relevant ist etwa, ob ein Projekt tatsächlich | |
aufgrund der Kompensationszahlungen zustande kommt: Verwendet die | |
Suppenküche in Bangladesch Solarkocher statt Gas, weil in Deutschland CO2 | |
kompensiert wurde? Oder hätte sie sowieso Solarkocher angeschafft, | |
finanziert beispielsweise mit Geldern der Entwicklungszusammenarbeit? | |
## Bäume gelten nicht | |
Darüber hinaus sollte die CO2-Kompensation dauerhaft sein und nicht wieder | |
verloren gehen können. Die Förderung von Aufforstungsprojekten scheidet | |
nach diesem Kriterium aus. "Wälder können abgeholzt werden, Bränden oder | |
Schädlingsbefall zum Opfer fallen, so dass der gespeicherte Kohlenstoff | |
innerhalb kurzer Zeit wieder freigesetzt wird", heißt es in der Studie. | |
Seriöse Anbieter betrachten zudem die zu erwartende Emissionsreduktion, die | |
ein Projekt erzielt, als zeitlich begrenzt. Sie wird den realen | |
Gegebenheiten immer wieder angepasst, damit ein Projekt nicht nur auf dem | |
Papier kompensiert. | |
Die Projekte von Atmosfair erhalten in der Studie in fast allen Bereichen | |
die Bestnote, bei Climate Austria werden die Kriterien oft nur teilweise | |
erfüllt. Zudem schneidet Atmosfair auch noch bei der Transparenz und | |
Verbraucherkommunikation sehr gut ab. Das Unternehmen, das auch von | |
Greenpeace empfohlen wird, kommt daher in dem Vergleich auf den ersten | |
Platz. Climate Austria erhält ein "mangelhaft". | |
Der beste Klimaschutz ist natürlich immer noch, wenn die Emissionen gar | |
nicht erst entstehen. Das gesparte Urlaubsgeld kann man ja trotzdem für | |
Klimaschutzprojekte spenden. | |
Flugdaten eingeben und Emissionen ausgleichen: [1][www.atmosfair.de] | |
18 Mar 2011 | |
## LINKS | |
[1] http://www.atmosfair.de | |
## AUTOREN | |
Linda Holzgreve | |
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