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# taz.de -- Nachtzusammenfassung Katastrophe in Japan: Zwischen Hoffen und Bang…
> Die Lage am Unglücks-Atomkraftwerk Fukushima I bleibt dramatisch.
> Technikern ist es zwar gelungen, ein Stromkabel zu verlegen. Doch
> wahrscheinlich sind die Kühlanlagen defekt.
Bild: Hilft jetzt nur noch beten? Sicherlich nicht. Die Rettungsmaßnahmen lauf…
PEKING taz | Positive Meldungen sind derzeit rar im Katastrophengebiet in
dem von Erdbeben und Tsunami verwüsteten Gebiet im Nordosten von Japan.
Umso mehr haben sich die Medien am Samstagmorgen auf die Nachricht
gestürzt, als es hieß: Rettungskräfte hätten einen Überlebenden gefunden,
der angeblich acht Tage in den Trümmern ausgeharrt habe. Diese Nachricht
erwies sich jedoch als Finte, wie sich nur kurze Zeit später herausstellte.
Der junge Mann war am Freitag in sein Haus zurückgekehrt und hatte sich
verklemmt. Die Nachrichtenagentur Kyodo berichtet, dass er so unter Schock
gestanden habe, dass er deswegen zunächst nicht sprechen konnte.
Und doch gibt es am achten Tag der verheerenden Katastrophe erste
Lichtblicke. Am Morgen gelang es Technikern am Unglücks-Atomkraftwerk
Fukushima I endlich, die seit Donnerstag erwartete Starkstromleitung zu den
havarierenden Reaktoren zu verlegen. Erbeben und Tsnunami hatten das
Kraftwerk vergangene Woche zerstört. Seitdem kämpfen Techniker, Soldaten
und Feuerwehrleute unter Hochdruck daran, Kernschmelzen in den weitgehend
zerstörten Reaktoren zu verhindern. Ob es bereits zu teilweisen
Kernschmelzen gekommen ist, bleibt unklar.
Reaktor 5, bei dem die Temperaturen in den vergangenen Tagen ebenfalls
dramatisch gestiegen waren, aus dem aber noch keine radioaktiven Strahlen
ins Freie gelangt ist, hat seit dem frühen Morgen wieder Strom. Nun wird
eifrig versucht, die wichtigen Kühlanlagen wieder in Gang zu setzen, die
die gefährlichen Brennstäbe abkühlen sollen. In Reaktor 1, 2 und 5 soll die
Stromversorgung noch im Laufe des Tages anlaufen. Reaktor 3 und 4 sind am
Sonntag dran.
Die Gesamtsituation bleibt aber auch weiterhin hoch gefährlich. Denn
bislang bleibt unklar, ob die Kühlanlagen besonders in den Reaktoren 1, 2,
3 und 4 auch wirklich anspringen werden. "Die meisten Motoren, Schaltpulte
und Schaltschränke sind vom Tsunami überspult worden und können nicht
verwendet werden, sagte Hidehiko Nishiyama, Sprecher der japanischen
Atomaufsicht auf NHK. Explosionen in den vergangenen Tagen haben weitere
Teile der Reaktoranlagen zerstört. Es ist zu befürchten, dass sie auch die
technisch hochsensiblen Kühlanlagen beschädigt haben.
Zudem ist es vor allem in und um die Reaktoren 2 und 4 sehr heiß. Funken
könnten jederzeit neue Brände auslösen - was sich für eine
Starkstromleitung und damit für die Reaktoren insgesamt verheerend
auswirken würde. Tepco-Sprecher Teruaki Kobayashi sagte: "Es könnten Funken
fliegen, ich kann ein Risiko nicht leugnen."
Ebenfalls am Samstagmorgen ist NHK zufolge ein Armeehubschrauber über die
gesamte Anlage Fukushima I geflogen, um mit Wärmebildkameras die Temperatur
zu messen. Sie versuchen zudem herauszufinden, ob im Block 4 noch Wasser im
Abklingbecken vorhanden ist. Darin lagern alte Brennstäbe. Liegen sie
trocken, könnte auch das eine nukleare Kettenreaktion auslösen.
Sorge bereitet den Japanern, dass sich spätestens am Montag der Wind wieder
drehen und radioaktive Partikel in die Großregion Tokio-Yokohama blasen
könnte. 35 Millionen Menschen leben in der Gegend. Eine kurzfristige
Evakuierung der gesamten Bevölkerung ist logistisch so gut wie unmöglich.
Derzeit weht der Wind die radioaktiven Partikel raus auf den Pazifik.
Erhöhte Werte - wenn auch derzeit für Menschen noch nicht allzu gefährlich
- wurden in Nordamerika bereits gemessen.
Angespannt bleibt die Situation für die Obdachlosen in der
Katastrophenregion. Fernsehbilder auf NHK zeigen, dass die betroffenen
Menschen bei Temperaturen um die Null Grad immer verzweifelter werden.
Vielen fehlt es nach wie vor an Nahrung und Wasser. "Ich hätte so gerne mal
wieder etwas warmes im Bauch", sagte eine 76-Jährige unter Tränen. Auch
Benzin bleibt knapp. Immerhin ist es den Einsatzkräften gelugen, am
Samstagmorgen mit dem Bau von ersten Notbehelfsbaracken zu beginnen. Es
wird damit gerechnet, dass der Wiederaufbau Jahre dauern wird. Da sich
durch das Erdbeben mit einer Stärke von 9,0 ein Teil der Landmasse um ein
Meter und mehr gesenkt hat, sind ganze Landstriche dauerhaft überschwemmt.
Die offiziell registrierte Opferzahl liegt inzwischen bei 7.197. Vermisst
werden weiterhin 10.905. Den Erfahrungen vom Tsunami 2004 in Süostasien
dürften die meisten Leichen nie gefunden werden, weil das Meer sie hinaus
gespült hat.
mit dapd, kyodo
19 Mar 2011
## AUTOREN
Felix Lee
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