# taz.de -- ANKE RICHTER und MARTIN REICHERT über Atom-Sponsoring: "Vattenfall… | |
> Auch taz-Autoren tragen Texte bei den "Vattenfall Lesetagen" vor. Martin | |
> Reichert und Anke Richter erklären, warum sie das nicht so schlimm finden | |
> - oder wenigstens nur ein bisschen. | |
taz: Herr Reichert, Frau Richter, wussten Sie von Anfang an, wer der | |
Sponsor der Lesetage ist? | |
Martin Reichert: Ja, mein Verlag organisiert meine Lesungen, das wurde mir | |
auch so erklärt. | |
Anke Richter: Nein, denn der Kontakt kam über das Weltreporter-Netzwerk | |
zustande. Ohne diese Einladung hätte ich gar keine Lesereise zustande | |
bekommen. Als dann lange nach der mündlichen Einladung der Vertrag kam und | |
ich Vattenfall las, hat der Name bei mir keine Reaktion ausgelöst. Ich lebe | |
nicht in Hamburg, sondern seit acht Jahren in Christchurch. | |
Und? Macht es Ihnen etwas aus? | |
Reichert: Ich habe schon erstmal gedacht, mein Gott, was ist das jetzt? Die | |
Mercedes Benz Fashion Week? Ich musste dann gleich lachen, weil Vattenfall | |
im Setting meines Buches in Brandenburg CO2 verpressen will. Jetzt gehe ich | |
halt hin und mache es wie immer, nur dass ich dabei unter einem | |
Vattenfall-Logo hocke. Das passt einfach wie die Faust aufs Auge. | |
Richter: Was mir etwas ausmacht: In typisch deutscher Manier einer | |
Gewissensprüfung unterzogen zu werden. Genau diese Haltung - "Bekenn Dich: | |
Bist du Schwein oder Gutmensch?" - persifliere ich in meinem Buch. Sie ist | |
mir sehr fremd geworden, da in Neuseeland nicht so politisch und polemisch | |
polarisiert wird. Ich habe ein schweres Erdbeben hinter mir und andere | |
Sorgen, als zu demonstrieren, dass ich mit meiner Lesung nicht zum atomaren | |
Untergang beitrage. | |
Ist Kultursponsoring generell schlecht? Haben Sie vorher schon Erfahrungen | |
damit gemacht? | |
Reichert: Ehrlich gesagt habe ich damit gar keine Erfahrungen, weil ich | |
normalerweise bei der taz arbeite. Vattenfall ist, was man draus macht. | |
Richter: Ohne Kultursponsoring gäbe es weniger Kultur. Ob das Geld vom | |
Staat oder einem Konzern kommt, macht keinen Unterschied, solange keine | |
Auflagen gemacht werden. Die größte Show in Wellington ist die wunderbare | |
"Montana World of Wearable Arts", die als kleine Hippie-Veranstaltung | |
begann und nur Miese machte. Ohne die Weinfirma Montana wäre sie längst | |
tot. Unter den Künstlern, die da auftreten, sind garantiert auch | |
Antialkoholiker. | |
Dann kommen wir jetzt zur Gretchenfrage: Welchen Stromanbieter haben Sie | |
privat? Öko oder Kohle und Atom? | |
Reichert: Ich beziehe Ökostrom von den Elektrizitätswerken Schönau. | |
Richter: Neuseeland ist atomfrei, und das betone ich mit Freuden bei jeder | |
Lesung. Ich trete doch nicht als Marionette eines Stromanbieters auf, | |
sondern nach wie vor auf einem Literaturfestival - oder habe ich da in | |
18.000 Kilometern Entfernung etwas falsch verstanden? | |
4 Apr 2011 | |
## AUTOREN | |
Johann Laux | |
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