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# taz.de -- Amoklauf in Holland: Täter besaß fünf Waffenscheine
> Einen Tag nach dem Amoklauf in einem Einkaufszentrum südlich von
> Amsterdam sucht die Polizei weiter nach einem Motiv. Bekannt ist bereits,
> dass der Täter im Schützenverein war.
Bild: Einen Tag nach dem Amoklauf werden kritische Fragen in den Niederlanden l…
AMSTERDAM dpa | Königin Beatrix ist "sprachlos angesichts des Leids".
Sieben Tote, 15 Verletzte. Ein Amoklauf an einem sonnigen Tag mitten im
ländlich-friedlichen Holland. "Man geht davon aus, dass so etwas nicht
passiert", sagt Premierminister Mark Rutte. Immer wieder kommt in
Politiker-Stellungnahmen zum Blutbad in Alphen aan den Rijn das Wort
"unbegreiflich" vor.
Unterdessen sucht die Polizei nach dem Motiv des Täters. Der 24-Jährige
habe bei seiner Mutter einen Abschiedsbrief hinterlassen, darin aber nichts
über seine Beweggründe mitgeteilt, sagte die ermittelnde Staatsanwältin
Kitty Nooy. Der Amokschütze hatte am Samstag in einem Shopping Center der
Ortschaft Alphen aan den Rijn mit einer Maschinenpistole um sich gefeuert
und sechs Menschen getötet sowie mehr als 15 verletzt, ehe er sich mit
einem Kopfschuss das Leben nahm.
Der Täter, dessen Namen die Behörden mit Tristan van der Vlis angaben, war
Mitglied eines Schützenvereins. Laut Staatsanwaltschaft waren ihm in den
vergangenen Jahren insgesamt fünf Waffenscheine ausgestellt worden. Er sei
zuletzt im Besitz von drei Waffen gewesen. Nach Angaben von Zeugen erschoss
der mit einer militärischen Tarnjacke bekleidete Amokläufer bereits auf dem
Parkplatz vor dem Einkaufszentrum "De Ridderhof" einen Mann. Er sei dann
"äußerlich völlig ruhig" in das Gebäude gegangen und habe blindlings um
sich gefeuert. Viele Menschen seien in Panik und Todesangst geflohen.
Staatsanwältin Kitty Nooy erklärte, im Auto des Amokschützen sei ein Brief
mit Hinweisen zu angeblich in diesen Einkaufszentren deponiertem Bomben
gefunden worden. Die Polizei ließ drei weitere Einkaufszentren sowie die
umliegenden Wohnungen in der rund 40 Kilometer südlich von Amsterdam
gelegenen Region evakuieren. Bei Durchsuchungen der Shopping Center wurde
jedoch kein Sprengstoff entdeckt. Die Anwohner konnten in der Nacht in ihre
Häuser zurückkehren.
## Holland nicht vorbereitet gewesen?
Einen Tag nach der Tat werden aber auch mehr und mehr kritische Fragen
laut. Holland sei nicht wirklich vorbereitet gewesen, sagt der
Sicherheitsexperte Glenn Schoen im Fernsehen. Durchgeknallte Amokschützen
habe man schließlich bisher nur durch Berichte aus anderen Ländern gekannt,
aus den USA oder Brasilien und immer wieder vom großen Nachbarn
Deutschland. Jetzt aber reihten sich die Niederlande "in ein
internationales Muster" ein.
Ein deutscher Ort ist nun wieder im Gespräch, der vor zwei Jahren noch in
einer ganz anderen Welt zu liegen schien - obwohl er von Alphen aan den
Rijn nur sechs Autostunden entfernt liegt: Winnenden. Genau wie dort fragen
sich jetzt Menschen in den Niederlanden, ob die Gefahr blindwütiger
Massaker nicht zumindest eingedämmt werden kann und welche Lehren Polizei
und Politik, ja die gesamte Gesellschaft ziehen müssen.
Die Angst vor Nachahmern ist plötzlich überall groß. Noch in der Nacht zum
Sonntag, wenige Stunden nach dem Massaker im Alphener Shopping Center
"Ridderhof", wird in Rotterdam einen 17-Jähriger festgenommen. Auf Twitter
hatte er angedroht, das Blutbad von Alphen werde "in Kürze eine
Wiederholung finden". Andere Twitterer alarmierten die Polizei.
Fast noch mehr beunruhigt diese Nachricht: Der 24-jährige Tristan van der
Vlis, der "große, blonde, blauäugige" Todesschütze vom "Ridderhof", war für
die Polizei kein Unbekannter. Schon 2003 war er als 16-Jähriger wegen eines
Verstoßes gegen das Waffengesetz aktenkundig geworden. Um was es dabei
genau ging, will die ermittelnde Staatsanwältin Kitty Nooy nicht sagen.
"Vorerst" nicht, um die weiteren Untersuchungen nicht zu beeinträchtigen.
## "Drama fesselt Zuschauer"
Warum ist der Vorfall von 2003 von der Staatsanwaltschaft nicht weiter
verfolgt worden, wollen Reporter wissen. Wieso durfte Van der Vlis trotzdem
Mitglied in einem Schützenverein sein? Und wie konnte es geschehen, dass
der Amokschütze über fünf ordentliche Waffenscheine verfügte?
Für Antworten brauche man mehr Zeit, heißt es bei der Polizei. Genaue
Angaben legen indessen bereits die Ermittler der TV-Quoten vor: 1.784.000
Menschen und damit 11,7 Prozent der niederländischen Bevölkerung über sechs
Jahren hätten die Live-Sendungen zum Amoklauf verfolgt. Überschrift: "Drama
von Alphen fesselt Zuschauer an den Bildschirm".
10 Apr 2011
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