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# taz.de -- Fernsehmesse in Cannes: Wanderhure serviert Europudding
> Die größte Fernsehmesse der Welt lässt erkennen, dass uns noch mehr
> Mittelalter im TV droht. Wenigstens wird es international produziert.
Bild: Manchmal gelingt es, allein aus dem deutschsprachigen Raum heraus Filme z…
Schon lange haben fiktionale Produktionen in Fernsehen nicht mehr solche
hohen Einschaltquoten erzielt: Mit Filmen wie "Die Wanderhure", "Die Säulen
der Erde" oder "Hindenburg" kommt jetzt ein Comeback der großen
Event-Filme, und das nicht nur in Deutschland. So stellt es sich auf der
MipTV in Cannes, der größten Fernsehmesse der Welt, dar.
Dabei ist es noch gar nicht so lange her, da schien im Zeichen der
Wirtschaftskrise und des Einbruchs bei den Werbeeinnahmen die Zeit der
großen und teuren Fernsehproduktionen vorbei. Die Messe in Südfrankreich
zeigt aber: Aufwändige Koproduktionen sind eine treibende Kraft im
europäischen TV-Business. Und das, obwohl alle sparen müssen.
Jan Mojto, Chef von Beta Film, einem der größten deutschen
Programmvertriebe, weiß auch, warum: "International produzieren heißt, für
größere Märkte zu produzieren. Das ist ein zwangsläufiger Trend angesichts
knapper Mittel." Er und sein Team haben in Südfrankreich erste Sequenzen
aus "Borgia" vorgestellt. 30 Millionen Dollar kostet die zehnteilige Reihe
um die illustre Renaissance-Familie.
Den berüchtigten "Europudding" nach dem Rezept "Wer Geld gibt, darf auch in
allen künstlerischen und Besetzungsfragen mitbestimmen" habe man aber nach
Angaben von Mojto in der Produktion, die von ZDF, ORF und Canal+
mitfinanziert wird, nicht zusammengerührt.
Aktuell haben sich jedenfalls zahlreiche grenzüberschreitende
Konstellationen gebildet, etwa bei dem Mammutprojekt "Titanic": Pünktlich
zum 100. Jahrestag der Katastrophe soll ein vierteiliges TV-Drama unter der
Ägide des englischen Produzenten ITV International entstehen. Partner aus
den USA, Ungarn, Irland und Australien sitzen ebenfalls mit im Boot.
## "Pompeii"
Gleich mehrere Megaprojekte hat auch die Münchner Firma Tandem
Communications auf der Messe vorgestellt, etwa mit der vierstündigen
"Event-Mini-Serie" "Pompeii". Ein bunter Mix internationaler Firmen ist
auch hier an der Produktion beteiligt. Zudem haben sich in Cannes
ProSiebenSat.1 und der britische Sender Sky die Ausstrahlungsrechte an dem
Vulkanausbruch-Drama gesichert.
Die zehnteilige irisch-kanadische Koproduktion "Camelot" mit Joseph Fiennes
in der Hauptrolle kam an der Cote D`Azur bei den Programmeinkäufern aus
aller Welt ebenso gut an. Der Trend zur internationalen Zusammenarbeit,
wenn es um Fernsehen geht, ist aber nicht nur bei den teuren Produktionen
zu beobachten. Die Bavaria beispielsweise gab in Frankreich bekannt,
zukünftig für die Krimiserie "Vares" mit dem finnischen Fernsehen
zusammenzuarbeiten.
Auch "Zen", mit einem italienischen Cop im Mittelpunkt, wird von der BBC
und Berlusconis Fernsehsendergruppe Mediaset für den internationalen Markt
produziert. Und der RTL-Group-Ableger Fremantle wird künftig für das
kroatische Fernsehen ein Familiendrama produzieren.
Manchmal gelingt es, allein aus dem deutschsprachigen Raum heraus Filme zu
realisieren, die auch international ankommen, etwa "Die Wanderhure". "Das
Mittelalter bietet einen gewissen Freiraum und einen idealen Rahmen, was
moderne Erzählmöglichkeiten angeht", meint der Geschäftsführer des
Programmvertriebs SevenOneInternational, Jens Richter. Er bot auf der MipTV
auch gleich "Isenhart" an, eine Geschichte um einen Serienmörder im
Mittelalter - im CSI-Stil. Auch das eine deutsche Eigenproduktion.
Die Chefin der Filmstiftung NRW Petra Müller findet das gut: "Gerade für
deutsche Produzenten, die sich in diesem Genre inzwischen eine fast
konkurrenzlose Expertise erworben haben." Das ist auch der Grund warum die
nordrhein-westfälische Filmförderung ein weiteres großes Fernsehprojekt
unterstützt, zu dem gerade die Dreharbeiten begonnen haben: "Unsere Mütter,
unsere Väter" von Teamworx handelt in einer Epoche, in der deutsche
Protagonisten für ausländische Sender traditionell besonders interessant
sind: der Nazizeit.
11 Apr 2011
## AUTOREN
Wilfried Urbe
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