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# taz.de -- Fußball-Bundesliga, 30. Spieltag: Selbstdemontage in Köln
> Weil sich Sportdirektor Finke in die Belange von Coach Schaefer
> einmischt, kommt Unruhe in die Mannschaft. Mutiert der 1. FC Köln wieder
> zum Abstiegskandidaten?
Bild: Niedergeschlagen: Kölns Adil Chihi.
KÖLN taz | Es waren merkwürdige Bilder des inneren Verfalls, die sich nach
dem 1:3 des 1. FC Köln gegen den VfB Stuttgart zu einem verstörenden Puzzle
zusammenfügten. Vor der Südkurve des Müngersdorfer Stadions hing ein
gigantisches Spruchband, "Vertrauen missbraucht. Wer die Derbys so spielt,
der hat die Saison versaut", stand dort in Anspielung auf die beiden hohen
Niederlagen gegen Gladbach geschrieben.
Oben auf den Ehrenplätzen saß der Vorstand und tuschelte mit Sportdirektor
Volker Finke, die Gesichter waren ernst. Und unten auf dem Rasen unternahm
der Kölner Trainer Frank Schaefer einen Versuch, seine Mannschaft
zusammenzurufen. Er wollte dem furchtbar schlechten Spiel ein paar positive
Worte entgegensetzen, doch Profis wie Petit oder Youssef Mohamad blieben
der Versammlung einfach fern. Köln zerfleischt sich gerade selbst.
Michael Rensing, der tapfere Torhüter, der in den letzten drei Spielen 14
Gegentore kassiert hat, regte später an, dass die Mannschaft sich dringend
zusammensetzen müsse: "Allerdings weiß ich nicht, wie viele ich
zusammentrommeln könnte." Das Team droht auseinanderzufallen, auch Frank
Schaefer berichtete von seinen Problemen mit diesem schwierigen Kader.
"Ich habe hier jetzt sechs Monate lang Tag und Nacht gekämpft, um aus der
Mannschaft eine Einheit zu machen, aber dass das jeden Tag eine neue
Herausforderung ist, das muss ich auch ganz klar sagen", sagte der Trainer
und nannte die missratene Aktion am Mittelkreis "ein Spiegelbild für das,
was wir auf dem Platz geboten haben".
Zumal unter der Woche mindestens ein Spieler Interna aus der Kabine an die
Öffentlichkeit lanciert hatte. Sportdirektor Finke mische sich in die
Videoanalyse ein und untergrabe damit Schaefers Autorität, schrieben
mehrere Zeitungen.
Diese Form der Intervention eines Funktionärs ist ein Tabubruch. Finke
greift auch immer wieder in die Trainingseinheiten ein, und zuletzt hat
Finke dann ohne jede Not Schaefers christlichen Glauben und seine
Mitgliedschaft in einer evangelisch-freikirchlichen Gemeinde zu einem
großen Thema aufgebaut. Schaefer zögere, den ihm angebotenen Vertrag zu
unterschreiben, weil sein religiöses Leben sich nur schwer mit dem
Trainerberuf verbinden lasse, erzählte Finke in kleiner Runde.
## Das Glaubensthema
Wenn nicht alles täuscht, ist Schaefers Verhältnis zu Finke spätestens nach
diesem Vorstoß schwer beschädigt. "Ich habe meine Meinung dazu, aber jeder
soll selber bewerten, ob das richtig ist und korrekt ist", sagte der
Trainer. Diese Kritik richtete sich allerdings auch gegen den medialen
Umgang mit der Angelegenheit, die über mehrere Tage ganze Zeitungsseiten
füllte. "Das waren sehr persönliche Dinge, da hat diese Woche eine neue
Dimension erreicht", meinte Schaefer, der sich zumindest öffentlich
beispielhaft korrekt verhält.
Finke hingegen wirkte angeschlagen, als er sich irgendwann vor Journalisten
zeigte. "Wir müssen aufpassen, dass wir das Augenmerk auf die
fußballerische Leistung auf dem Platz legen", sagte er, dabei war er es
gewesen, der das Glaubensthema in die Schlagzeilen gehievt hatte. Seine
Motive liegen im Dunkeln.
Eine Erklärung wäre, dass Finke die Stadt langsam auf einen Trainerwechsel
vorbereiten möchte, möglicherweise ist der Sportdirektor grundsätzlich
nicht überzeugt von Schaefer als Cheftrainer. Dazu würde auch Finkes
Eingreifen in die Spielanalyse und den Trainingsbetrieb passen. Finke
sprach von einem "Negativtrend, nicht nur in den Auswärtsspielen, sondern
eigentlich schon in den letzten Heimspielen", auch das klingt nach Zweifeln
am Trainer, angeblich gab es erste Sondierungsgespräche mit Michael Skibbe.
Kritisch betrachtet, liegt Schaefers Verdienst vor allem darin, ein
internes Klima erzeugt zu haben, dass die Rekordserie von sieben Heimsiegen
am Stück ermöglichte. Fußballerisch hat das Team sich hingegen kaum
weiterentwickelt.
17 Apr 2011
## AUTOREN
Daniel Theweleit
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