# taz.de -- Politiker und ihre klimaschädlichen Autos: Schnarri ist die beste | |
> Die Umwelthilfe hat Politiker-Autos getestet. Am klimafreundlichsten | |
> fährt die Justizministerin. Hessens Ministerpräsident versuchte zu | |
> schummeln. | |
Bild: Minister-Dienstwagen, aufgereiht vor dem Bundeskanzleramt. | |
BERLIN taz | 450 PS – so viel hat der Dienstwagen des hessischen | |
Ministerpräsidenten Volker Bouffier unter der Motorhaube. Der VW Phaeton | |
mit 12 Zylindern emittiert 348 Gramm CO2 pro Kilometer. Eine EU-Richtlinie | |
von 2008 soll diesen Wert eigentlich auf 140 Gramm begrenzen. Gestern nun | |
hat die Deutsche Umwelthilfe (DUH) die Ergebnisse ihrer fünften | |
[1]["Dienstwagenerhebung"] (PDF) vorgelegt. | |
Das Ergebnis: Kaum ein deutscher Spitzenpolitiker hält sich an die | |
EU-Richtlinie. Die meisten Dienstwagen überschreiten sie deutlich. Und | |
Volker Bouffier – bei der Motorisierung ganz vorn mit dabei – soll sogar | |
versucht haben zu täuschen. Das behauptet zumindest Resch, Geschäftsführer | |
der Umwelthilfe. Bouffier habe einen Spritverbrauch von sechs Litern | |
angegeben. | |
"Es geschieht immer wieder, dass wir falsche oder unvollständige Werte | |
bekommen", sagt Resch. "Darum recherchieren wir nach." Im Fall von Bouffier | |
fand die Umwelthilfe heraus, dass der Phaeton nicht sechs, sondern im | |
Stadtverkehr sogar 21 Liter Benzin verbraucht. Wenn der Phaeton 210 PS | |
weniger hätte, dann könnte Bouffier damit immer noch 237 Kilometer pro | |
Stunde fahren. Doch meistens sind Dienstwagen sowieso nur im Stadtverkehr | |
unterwegs. Bouffier konnte sich gegenüber der taz zu den Vorwürfen nicht | |
äußern, weil er derzeit im Urlaub ist. | |
## Bouffiers Auto verbraucht nicht sechs, sondern 21 Liter | |
Kein Bundesminister schafft es, mit seiner Dienstlimousine die | |
EU-Klimagaswerte einzuhalten. Am nächsten komme diesem Wert der neue | |
Dienstwagen von Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), er | |
stößt 155 Gramm CO2 pro Kilometer aus, sagt die Projektleiterin Barbara | |
Göppel. Und das Verkehrsministerium setze inzwischen auf innovative | |
Fahrzeugtechnik, es teste sowohl einen Elektro-Smart, als auch einen | |
Brennstoffzellen-Mercedes. | |
Erfreuliche Entwicklungen, was den Klimaschutz betrifft, gibt es nur bei | |
wenigen Landesregierungen zu beobachten. In Bremen, Berlin und Hamburg | |
liegen jeweils vier Minister-Dienstwagen unter dem Wert von 140 Gramm pro | |
Kilometer. Damit sind sie die Ausnahme bei Dienstwagenerhebung. Die | |
dicksten Schlitten fahren die Minister von Bayern und Baden-Württemberg. | |
## Deutsche Umwelthilfe: Autoindustrie fördert Klimakiller | |
Warum brauchen die Politiker Limousinen, die genauso stark motorisiert sind | |
wie Supersportwagen? Die Deutsche Umwelthilfe ist überzeugt, dass die | |
Autoindustrie genau dies gezielt fördert. Ihr liegen Informationen vor, | |
dass die Fahrzeughersteller die Preispolitik gegenüber den Politikern damit | |
begründen, dass es schwieriger sei, einen Dienstwagen mit einer kleineren | |
Motorisierung auf dem freien Markt wiederzuverkaufen, als mit einem großen | |
Motor. | |
"Doch das ist Unsinn", sagt Resch. "Hochmotorisierte Wagen sind viel | |
schwerer wiederzuverkaufen als Modelle mit kleineren Motoren." Warum also | |
das Ganze? Für Resch handelt es sich um eine Art Product Placement. Die | |
Autoindustrie wolle ihre Flagschiffe auf diese Weise der Öffentlichkeit | |
präsentieren. Würden Spitzenpolitiker auf Luxuswagen verzichten, dann | |
könnte das Auswirkungen auf die gesamte Branche haben, so Resch. Dann | |
könnten es passieren, dass auch große Unternehmen ihre Flotten bald | |
abspecken. | |
## Michael Müller: "Sie rieten mir, dass ich es mir nochmal überlegen | |
sollte" | |
Michael Müller, unter Merkel Staatssekretär im Bundesumweltministerium, | |
wollte auf einen kleineren Dienstwagen umsteigen. Er fand seinen 7er-BMW zu | |
groß und stieg auf den 5er-BMW um. Daraufhin fingen andere Staatssekretäre | |
an, Druck auf ihn auszuüben. "Sie rieten mir, dass ich es mir nochmal | |
überlegen sollte", sagt Müller. "Sie sahen sich unter Legitimationszwang | |
gesetzt." Für viele sei das ein Prestigeverlust gewesen. Es gebe einen | |
harten Kampf zwischen Daimler, BMW und Audi, die Spitzenpolitiker | |
auszustatten. | |
Einzig der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Peter Harry | |
Carstensen, wollte nicht verraten, mit welchen Dienstwagen er fährt. | |
Umwelthilfe-Geschäftsführer Resch kündigte eine Klage gegen Carstensen an. | |
Dieser müsse damit rechnen, dass die DUH die Auskunftspflicht, wie zuvor im | |
Fall Rüttgers, gerichtlich erzwingen werde. | |
19 Apr 2011 | |
## LINKS | |
[1] http://www.duh.de/uploads/media/Ergebnisse_Dienstwagenumfrage_Minister_2011… | |
## AUTOREN | |
Martin Rank | |
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