# taz.de -- Streit der Woche: Gibt es Wunder? | |
> Papst Johannes Paul II soll eine Nonne von der Parkinson-Krankheit | |
> geheilt haben. Dafür wird er am 1. Mai selig gesprochen. Doch für viele | |
> ist das purer Unfug. | |
Bild: In Stein gehauen ist er schon: Papst Johannes Paul II. | |
Ob ihre Heilung tatsächlich ein Wunder ist, will Marie Simon-Pierre nicht | |
beurteilen. Dem Radio Vatikan sagte die französische Ordensschwester, die | |
Papst Johannes Paul II von einer schweren Krankheit befreit haben soll: | |
"Ich war krank und jetzt bin ich geheilt. Es obliegt einzig Rom, das als | |
Wunder anzuerkennen." | |
Eine Seligsprechung ist kein simples Symbol, sie ist die Vorstufe zur | |
Heiligsprechung. Voraussetzung dafür sind ein tugendhaftes Leben, das | |
Erdulden eines Martyriums oder der Nachweis eines vollbrachten Wunders. | |
Der Vatikan versichert, man habe die Hinterlassenschaft des 2005 | |
verstorbenen Papstes sorgfältig geprüft – obwohl das ungewöhnlich schnell | |
geschah. Normalerweise darf diese Prüfung erst fünf Jahre nach dem Tod der | |
seligzusprechenden Person eingeleitet werden. Und dieses Verfahren kann | |
sich Jahrzehnte hinziehen. Aber schon im Januar diesen Jahres befürwortete | |
Papst Benedikt XVI die Seligsprechung seines Vorgängers und stimmte einem | |
entsprechenden Dekret zu. Eine vatikanische Medizinerkommission hatte das | |
Wunder als glaubwürdig eingestuft. | |
Eine Seligsprechung in Rekordzeit passt gut zum "Eiligen Vater" Johannes | |
Paul II: Er selbst sprach zu Lebzeiten 1338 Personen selig – immerhin 482 | |
machte er zu Heiligen. Im Vergleich zu den etwa 300 Heiligsprechungen, die | |
in den 400 Jahren zuvor im Verzeichnis der Heiligen und Seligen | |
festgehalten wurden, ist das geradezu inflationär. | |
Die Wunder, mit denen man im Alltag in Berührung kommt, sind weniger | |
wuchtig als das, womit sich der Vatikan befasst. Wunderpillen, Wunderkinder | |
und One-Hit-Wonder begegnen uns zwar ständig – haben aber doch nichts | |
Mystisches an sich. Überhaupt sind mit dem wissenschaftlichen Fortschritt | |
auch die Ansprüche an Wunder gestiegen: Vieles, was früher als wahres | |
Wunder durchgehen konnte, lässt sich heute erklären. Naturgewalten etwa | |
mögen nach wie vor beeindruckend sein – als wirklich wundersam empfinden | |
wir sie längst nicht mehr. | |
Ob ein Ereignis wundersame Züge hat, ist heute eine Frage des Standpunkts: | |
Man glaubt daran oder nicht – und wer sich nicht entscheiden kann, darf | |
zumindest hoffen. | |
Was meinen Sie: Gibt es Wunder? | |
26 Apr 2011 | |
## AUTOREN | |
Linda Holzgreve | |
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