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# taz.de -- Minusgeschäft für die Wirtschaft: Walfleischesser sterben aus
> In Island und Norwegen hat die Walfangsaison begonnen. Doch der
> Absatzmarkt für das Fleisch der Meeressäuger schrumpft immer mehr.
Bild: Mehr als ein Fünftel der NorwegerInnen finden den Geschmack von Walfisch…
STOCKHOLM taz | Jetzt harpunieren sie wieder. In Island und Norwegen begann
in dieser Woche die Walfangsaison. Reykjavík hat für dieses Jahr eine Quote
von 200 Zwergwalen und 200 der bedrohten Finnwale zur Jagd freigegeben. In
Norwegen dürfen 1.286 Zwergwale erlegt werden. Tatsächlich dürfte aber
weniger als die Hälfte dieser Quoten gejagt werden. Die Fischer müssen auch
Abnehmer für das Fleisch der Meeresriesen finden. Und daran hapert es.
Was jahrzehntelange Proteste nicht vermochten - die Gesetze des Marktes
könnten bald dafür gesorgt haben, dass der nordeuropäische Walfang der
Vergangenheit angehört. Laut einer neuen Studie dreier norwegischer
Tierschutzorganisationen, "Seas of Change", ist der Walfang des Landes
schon jetzt so unwirtschaflich, dass ihn nur staatliche Subventionen über
Wasser halten. Und für Norwegen sei die künstliche Erhaltung dieses
Fischereizweigs, der nur 0,3 Prozent zur Wertschöpfung der
Fischereiwirtschaft des Landes beitrage, unter dem Strich ein
Minusgeschäft.
Die Zahl der Walfänger ist stetig geschrumpft. Gerade 16 Boote - vor fünf
Jahren waren es noch mehr als doppelt so viele - meldeten sich in Norwegen
zum diesjährigen Fang an. Verständlich aufgrund der Erfahrungen der letzten
Jahre. Da wurde auch nur ein Drittel bis die Hälfte der Fangquote erlegt,
bevor die Aufkäufer an Land bereits Mitte Juni wegen Absatzschwierigkeiten
die Annahme weiterer Ware verweigerten.
Allen kostspieligen Vermarktungskampagnen zum Trotz: Die große Mehrheit der
NorwegerInnen will sich nicht für Walfleisch begeistern. Nicht nur wegen
hoher Schadstoffwerte, aufgrund deren beispielsweise Schwangeren vom
Verzehr abgeraten wird, sondern weil mehr als ein Fünftel den Geschmack
scheußlich finden. Knapp 5 Prozent der Bevölkerung outen sich in einer
Umfrage als gelegentliche Walfleischesser.
In Island macht auch Brüssel Druck. Keine EU-Mitgliedschaft des Landes ohne
Walfangverzicht. Der Walfleischmarkt ist auf die Neugier der TouristInnen
angewiesen. Fast die Hälfte des Absatzes macht man mit diesen Kunden in den
Restaurants der Hauptstadt, die das "exotische" Fleisch anbieten.
Der norwegische Rapport kritisiert auch das Argument der Walfanglobby, dass
nur eine jährliche Abschussquote die "ökologische Balance" im Meer
garantiere - eine Umschreibung der vermeintlichen Konkurrenz von Fischern
und Walen um die gleichen Jagdgründe. Laut "Seas of Change" gebe es keinen
Beleg dafür, dass eine Beendigung des Walfangs negative Konsequenzen auf
den Bestand von Fischen haben werde. Die Tierschutzorganisationen empfehlen
statt Walfang Walsafaris. In Norwegen entsprechen die Einnahmen des
Fremdenverkehrs aus Walsafaris fast der Wertschöpfung durch den Walfang.
Dieses Walfangpotenzial ließe sich in Zukunft kräftig steigern, wenn der
Staat am Nordostatlantik nicht mehr als Walfangland in Misskredit stände.
29 Apr 2011
## AUTOREN
Reinhard Wolff
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