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# taz.de -- Hongkong führt Mindestlohn ein: Löhne steigen, Ungleichheit bleibt
> Die Sonderverwaltungszone hat nun einen Mindestlohn: Arbeitgeber dürfen
> nicht mehr weniger als 28 Hongkong-Dollar pro Stunde zahlen - 2,43 Euro.
Bild: Hat jetzt Anrecht auf den Mindestlohn: Gerüstbauer in Hongkong.
PEKING taz | Jahrzehntelang hatten sich Hongkongs Firmen erfolgreich gegen
die "kommunistische Idee" eines Mindestlohns gewehrt, jetzt haben sich die
Gewerkschaften durchgesetzt: Seit gestern müssen Arbeitgeber ihren
Beschäftigten mindestens 28 Hongkong-Dollar in der Stunde zahlen, das sind
umgerechnet 2,43 Euro.
Unter den rund sieben Millionen Bewohnern der Sonderverwaltungsregion
herrscht große soziale Ungleichheit: Das Vermögen der reichsten vierzig
Taikune stieg im vergangenen Jahr laut der Reichenliste des US-Magazins
Forbes um fast 19 Milliarden Euro auf insgesamt 110 Milliarden Euro.
In Hongkong werden himmelhohe Preise für Wohnungen gezahlt, nirgendwo sonst
sind so viele Ferrari-Fahrer und Cognac-Trinker auf so engem Raum zu
finden. Auf der anderen Seite lebt ein Teil der Bevölkerung in Armut - dazu
gehören unter anderem Hausangestellte, Kellner, Beschäftigte im Handel und
Tourismusgewerbe.
Trotzdem warnten die Geschäftsleute in den Unternehmerverbänden und
örtlichen Medien seit der Erlassung des Mindestlohn-Dekrets, nun drohten
Pleiten und wachsende Arbeitslosigkeit.
So kündigte Chen Longsheng, Gründer der Msystem-Kette von Internet-Cafés in
der Hafenmetropole, an, er werde mindestens fünf seiner 25 Lokale schließen
und zwanzig Beschäftigte entlassen, da er künftig kein Geld mehr mit ihnen
verdienen könne. "Die Kosten steigen um fast 30 Prozent."
Nun müsse er Angestellten, die sechs Tage in der Woche zwölf Stunden
täglich bei ihm arbeiteten, mehr zahlen, als seine Geschäftsführer bislang
bei ihm verdienten. Wenn er auch noch gezwungen würde, ihnen Mittagspausen
und bezahlte Ferien einzuräumen, bliebe ihm nichts übrig, als seine Firma
ganz aufzugeben.
## Keine "unverschämt niedrigen Löhne mehr"
Die Entscheidung für einen Mindestlohn kommt in Hongkong weitaus später als
im Rest der Volksrepublik: Auf der anderen Seite der Grenze, in den
Fabriken der Provinz Guangdong, gelten Lohnuntergrenzen bereits seit Jahren
- ohne dass sie die nun in Hongkong beschworene Massenarbeitslosigkeit
hervorgerufen hätten.
In der Industriezone Shenzhen, die sich unmittelbar an Hongkong anschließt,
müssen Unternehmen seit April umgerechnet mindestens 138 Euro für die
40-Stunden-Woche zahlen. Künftig werde es nun auch in Hongkong keine
"unverschämt niedrigen Löhne mehr geben", sagte der Vorsitzende des
örtlichen Gewerkschaftsverbandes, Cheng Yiu-tong, im Radio.
In der ehemaligen britischen Kronkolonie Hongkong, die seit 1997 politisch
wieder zum Festland gehört, gelten andere Gesetze und Regeln als im Rest
Chinas: Obwohl die Kommunistische Partei nach der Verfassung die höchste
politische Instanz ist und noch über Regierung und Armee steht, bleibt die
KP in Hongkong offiziell unsichtbar.
Ihre Funktionäre stützen sich auf Frontorganisationen und eine
traditionelle Elite reicher Geschäftsleute. Die Partei sorgt auch dafür,
dass die Gewerkschaften keine unliebsamen Forderungen stellen.
1 May 2011
## AUTOREN
Jutta Lietsch
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