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# taz.de -- Tauschladen in Kreuzberg: Konsumkritik statt Kabeljau
> Ein Verein engagiert sich mit einem Tauschladen in der Kreuzberger
> Markthalle für die Abkehr von der Wegwerfgesellschaft. Kleider gibt's
> hier umsonst.
Bild: Kleider, Kleider, Kleider - von der Stange und für lau.
"Kauf Dich glücklich" steht auf dem Preisschild. Es baumelt am Kleiderbügel
eines schwarzen Mantels. Dicht an dicht hängen die Jacken im Eingang des
ehemaligen Fischladens in der Kreuzberger Markthalle. Kaufen muss man hier
nichts: Die angebotenen Kleider sind gratis.
Das Sortiment des "Kleider-tauschen-Leute-Ladens" reicht von Bettwäsche
über Kinderbekleidung bis zu Handtaschen. An der Ladentheke steht Nora
Köpke und sortiert Handtücher. "Wir bekommen fast mehr Sachen, als wir
gebrauchen können", sagt die 24-Jährige. Das zeige, wie viele ungenutzte
Sachen in den Kleiderschränken vieler Menschen lägen.
Die Studentin arbeitet einmal wöchentlich ehrenamtlich im Tauschladen. Das
Konzept der Weiterverwendung gefällt ihr. "Die Produktionsbedingungen in
Billiglohnländern muss man nicht unterstützen", sagt sie.
Bei einem Umzug sei ihm aufgefallen, dass er jede Menge unnötige und
ungenutzte Sache besitze, erzählt Gregor Kohle. Der Ingenieur ist Mitglied
des Vereins "Percy & Komplizen", mit dem der 35-Jährige das Konzept des
Tauschladens entwickelte. Man wolle Kritik an der Wegwerfgesellschaft
leisten und gleichzeitig das Bedürfnis nach neuer Kleidung befriedigen, so
Kohle.
Zusätzlich zum Kleiderangebot bietet eine Recyclingkünstlerin donnerstags
und freitags einen "Näh- und Kleider-Upcycling"-Workshop an. Aus alter
Kleidung, die nicht mehr gefällt, entstehen hier selbst geschneiderte
Unikate. Filmabende sollen in Kürze folgen.
Nicht nur der Kleidertausch funktioniert ohne Geld. Auch für den Laden
selbst ist der finanzielle Aufwand gering: Lediglich 100 Euro für
Druckkosten hat der Verein investiert. Mietkosten entfallen, weil sich die
Anwohnerinitiative "FreundInnen der Eisenbahn.MarktundKultur.Halle", die
bis zum Umbau der Markthalle für die Räumlichkeiten verantwortlich ist, für
das Vereinskonzept zur Zwischennutzung entschieden hatte. Studenten eines
internationalen Architekturworkshops, des "Raumlabors", halfen bei der
räumlichen Gestaltung. Zehn Helfer betreuen den Laden von Mittwoch bis
Samstag ehrenamtlich.
Bereits im November hatte der Verein für einen Monat einen
Kleidertauschladen in Friedrichshain betrieben. In der Markthalle wird er
bis Mitte Mai sein. Danach wird es von Percy & Komplizen keine neuen
Tauschläden geben: "Die Idee ist so einfach, das kann jeder selbst machen",
sagt Kohle. Die Klamotten, für die sich kein Kunde begeistern kann, werden
an Bedürftige gespendet oder von Jungdesignern umgeschneidert.
Sevin Dilber wünscht sich, dass der Kleidertauschladen bleibt. Die
Kreuzbergerin kommt einmal wöchentlich in die Markthalle. "Gerade für
Leute, die wenig Geld haben, ist der Laden toll", sagt sie. Dort finde sie
immer etwas, was ihr gefalle. Ein paar goldene Riemchensandalen für ihre
13-jährige Tochter sind es diesmal. Beim ersten Besuch sei sie schon "sehr
überrascht gewesen, dass die Sachen nichts kosten", sagt sie. Sie selbst
habe auch schon ihre ungeliebten Sachen vorbeigebracht.
##
2 May 2011
## AUTOREN
Sarah Kohlhauer
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