# taz.de -- Kolumne Unbeliebt: Unter dem Unstern | |
> Der "Panorama"-Reporter Christoph Lütgert kommt zu den Mächtigen. Auch | |
> wenn er nicht eingeladen ist. | |
Der Reporter Christoph Lütgert macht Filme über die miesen Seiten der | |
Mächtigen. Über den "[1][Drückerkönig]" Carsten Maschmeyer. Über die | |
[2][Atommüllvergangenheit] von Angela Merkel. | |
In manchen Filmen ist Lütgert selbst zu sehen, wie er versucht, die | |
Mächtigen zu stellen. Spontaninterview, Überfallkamera. Frau | |
Bundeskanzlerin! Morsleben! Sie schüttelt ihn ab. In der nächsten | |
[3][Einstellung] zeigt die Kamera Lütgert wütend und traurig, aus seinem | |
Mund fährt ein Laut, der wie "So!" klingt. Aber vielleicht auch wie "Sau". | |
Lütgert kommt gut damit klar, sich unbeliebt zu machen. Mir fällt das | |
schwer. Als Journalist muss man zu Veranstaltungen, wo man nicht hingehört. | |
Hinterher schreibt man Unfreundliches über Menschen, die einem vertraut | |
haben. | |
Lütgert arbeitet für "Panorama". Das ARD-Magazin feiert Ende Mai 50. | |
Geburtstag. Im Grunde hat sich die Redaktion fünfzig Jahre lang unbeliebt | |
gemacht. "Es schwebt ein Unstern über der Sendung Panorama", zitieren sie | |
Franz Josef Strauß auf der Einladungskarte zu ihrer Geburtstagsparty. Sie | |
haben keine Probleme mit ihrer Unbeliebtheit. Wie machen sie das? | |
Lütgert meldet sich am Telefon aus einem Ferienhaus in Dänemark. Vor seiner | |
Abreise hat er noch mal dafür gesorgt, dass ihn Schröder, Steinmeier und | |
Maschmeyer garantiert noch weniger leiden können. Stört ihn das nicht? | |
"Das wird ja mit Liebe ausgeglichen." Mit Zuschauerpost, mit Mails, mit | |
Einladungen. Ärger der Mächtigen gegen Zuneigung der Bürger - und schon | |
traut man sich einfach alles? Sogar die Überfallkamera? | |
"Das ist mir unangenehm. Da hinzugehen, wo man nicht eingeladen ist. Da | |
klopft mir das Herz." Ich denke: So sensibel wirst du schon nicht sein. | |
Stelle eine Suggestivfrage zur Berliner Bussi-Gesellschaft, wo Politiker | |
mit Journalisten kuscheln. Findet er bestimmt grauenhaft. | |
Stattdessen erzählt er, wie er früher gern mit Schröder beim Italiener war | |
und mit Johannes Rau im Urlaub. "Es war immer mein Traum, Sprecher zu | |
werden." Pressesprecher? Genau. Ich stutze. Er redet weiter, als wollte er | |
sich bei mir in Misskredit bringen. Als wollte er bloß nicht der große, | |
alte, vorbildliche Journalist sein. Ruft ins Telefon, dass ihn auch die | |
Werbebranche immer gereizt habe. Dass er Journalistenrabatte abgreife, wo | |
er sie kriegen könne. "Schreiben Sie, dass ich klein, untersetzt und | |
glatzköpfig bin." | |
Großartig. | |
6 May 2011 | |
## LINKS | |
[1] http://www.youtube.com/watch?v=sGfZ0as9Nt0 | |
[2] http://www.youtube.com/watch?v=YCWfxP7D4IY | |
[3] http://www.youtube.com/watch?v=XYuPJ9IDWhE | |
## AUTOREN | |
Georg Löwisch | |
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