# taz.de -- die wahrheit: Der homosexuelle Mann | |
> … kriegts nicht von der Backe. Nein, er ist nicht einfach nur schwul oder | |
> homosexuell, er ist "bekennend". Die Medienkarriere dieses infamen | |
> Beistellwörtchens ist nicht zu stoppen. ... | |
… Letztes "Opfer": Der einstige TV-Moderator und jetzige Schriftsteller | |
Matthias Frings "wurde als bekennender Schwuler bekannt", stand unlängst | |
über ihn in der Stuttgarter Zeitung. Hallo?! Warum nicht einfach "der | |
schwule Frings", und der Fall ist erledigt? Nein, "bekennend" muss er sein, | |
besser noch "offen bekennend", doppelt hält besser. Selbst Rosa von | |
Praunheim, der ja nun wirklich das Schwulsein der Neuzeit erfunden hat, | |
muss sich neuerdings solcherart adjektivieren lassen. | |
Liebe verdruckste Medienvertreter: Wo bitte schön legt man sein schwules | |
Bekenntnis ab? Auf einer eigenen Behörde? Oder beim Finanzamt? Vielleicht | |
in der Kfz-Zulassungsstelle? Mit einem Bekennerschreiben an alle | |
Nachrichtenagenturen? Und ist die Zeremonie eher feierlich oder ganz | |
profan? Gibts dazu Barbra Streisands "Papa can you hear me?" vom Band oder | |
Georgette Dee live? | |
Und noch etwas, ihr verklemmten Journalisten: Habt ihr jemals von einem | |
"bekennenden Hetero" geschrieben? Von Joschka Fischer vielleicht, "als | |
bekennender Heterosexueller"? Dieter Bohlen? Hat der sich schon bekannt? Wo | |
hat Udo Jürgens seine Beichte abgelegt? | |
Selbstverständlich kommt jeder homosexuelle Mann an den Punkt, dass er | |
reden muss. Mit seiner Familie zuallererst, sonst bleibt er unglücklich | |
sein ganzes Leben lang. Mit seinen Freunden, die nicht so sind wie er, | |
damit er weiß, ob sie noch seine Freunde sind. Am Arbeitsplatz, mit den | |
Kollegen, damit er keine Lügen erzählen muss am Montagmorgen und ihn | |
niemand in der Hand hat mit falschen Geheimnissen. Ja, jeder Schwule | |
erzählt hier und da in seinem Leben, dass er schwul ist, das verlangen | |
schon der Anstand und die Selbstachtung, und damit die Leute endlich | |
aufhören zu glauben, Homosexualität gebe es eigentlich gar nicht. | |
Aber Bekenntnis? Nein, da wird informiert, das Nötigste gesagt, ganz | |
selbstverständlich. Basta! Und doch fragt man sich: Warum sind all die | |
Schreiberlinge so verschossen in den "bekennenden Homosexuellen"? Weil sie | |
glauben, der schwule Normalfall sei das Schweigen, und wenn das "gebrochen" | |
wird, muss es auch besonders gekennzeichnet werden. Und weil sie feige | |
sind! Mit dieser verkackten Formulierung sind sie nämlich fein raus: "Ich | |
habs nicht gesagt, dass der schwul ist. Das hat der doch selbst gesagt!" So | |
in etwa hat man sich die Gedankengänge zur neudeutschen Gepflogenheit | |
vorzustellen. Wahrscheinlich fühlen sie sich dabei noch ganz tapfer, | |
fortschrittlich und liberal, dass sie überhaupt des anderen Homosexualität | |
erwähnen. Dabei ist es ganz einfach: Wenn einer schwul ist und es ist | |
sinnvoll, das zu erwähnen, dann sagt mans halt. Der schwule Herr XYZ - und | |
fertig! | |
Das Schlimmste dabei ist: So viele gleichgeschlechtliche Kollegen haben | |
inzwischen völlig selbstverständlich die beleidigende Floskel übernommen. | |
Und ich weiß nicht, warum. | |
10 May 2011 | |
## AUTOREN | |
Elmar Kraushaar | |
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