# taz.de -- E-Kultur und I-Kultur: Die twitternden Tenöre | |
> In einem Weiterbildungskurs an der Universität der Künste lernen | |
> Berufsmusiker den Umgang mit Facebook, Twitter und Blogs. Sie hoffen auf | |
> Erlöse aus dem Internet. | |
Bild: Ohne Twitter und Facebook führt man heute quasi nur noch ein Schattendas… | |
Jasmine Thomas steht ungewöhnlich verzagt am Pult. Dabei liegen ihr | |
Bühnenauftritte doch besonders. Eben tönte ihre tiefe Soulstimme noch aus | |
den Boxen, jetzt prasseln Fragen auf sie ein: "Was heißt Rock, Pop, Black | |
Music - geht das nicht konkreter?" Die 28-Jährige schaut ratlos und sagt: | |
"Ich weiß nicht, die Songs fließen einfach aus mir raus!" | |
Die Fragen stellen andere Berufsmusiker aus dem Kurs "Digimedial - | |
Strategisches Musikmarketing im Internet", einem kostenlosen | |
Weiterbildungsangebot der Universität der Künste (UdK). Die 20 Musiker sind | |
zwischen 20 und 50 Jahre alt. Sie geben der jungen Sängerin Rückmeldung, | |
nachdem sie ihre Internetstrategie vor der Gruppe präsentiert hat. | |
In dem elftägigen Kurs sollen die Berufsmusiker lernen, wie sie ihre Musik | |
im Internet verbreiten und vermarkten. Dabei lernen sie soziale Dienste wie | |
Facebook, Twitter und Blogs kennen und belegen Marketingkurse. Die meisten | |
Teilnehmer kennen sich mit dem Internet aus, nutzen soziale Medien aber | |
höchstens privat. In Berlin ist ein derartiger Kurs bislang einzigartig. | |
Das Netz wird für selbständige Musiker immer wichtiger, wer nicht im | |
Internet zu finden ist, dem gehen Fans und Kunden verloren. | |
Kursleiter Matthias Krebs, ausgebildeter Opernsänger und Musikpädagoge, | |
kommentiert den Vortrag: "Jasmine, du musst dein Profil weiter schärfen und | |
du brauchst eine überzeugende Künstlerstory!" Die Sängerin will im nächsten | |
halben Jahr ihre Bekanntheit in Berlin erhöhen, doch sie fürchtet den | |
Aufwand: "Ich glaube, das kostet mehr Zeit, als ich eigentlich habe. Zeit, | |
in der ich auch Musik machen könnte", sagt sie. | |
Es folgt eine Unterrichtseinheit, in der sich die Teilnehmer einen Blog | |
einrichten sollen. Opernsängerin Ute Freund ist verblüfft, wie schnell die | |
Website eingerichtet ist. Doch bei einem Feld, in dem sie sich vorstellen | |
soll, zögert die erfahrene Mezzo-Sopranistin. | |
Freund kämpft mit dem, was Krebs das "geheime Kursziel der Weiterbildung" | |
nennt: Viele Teilnehmer seien unsicher, was sie an die Öffentlichkeit geben | |
könnten. Es falle ihnen schwer, sich zu einer Marke zu machen. Die | |
Vermarktung im Internet zwinge die Leute, ein klares Profil aufzubauen, | |
"einige der Musiker beschäftigen sich das erste Mal systematisch mit ihrem | |
Musikprojekt und finden dadurch zu sich selbst", sagt Krebs. | |
Nach dem Bloggen gibt es eine Gesprächsrunde: Experten aus dem | |
Musikmarketing erzählen von Fallbeispielen. Die Künsterlin Zoe.Leela und | |
ihr Manager berichten, wie sie ihre Songs im Internet unter | |
Creative-Commons-Lizenz zum Download angeboten haben: kostenlos für die | |
private Nutzung. Dadurch kam Zoe.Leela an Werbeverträge mit Unternehmen. | |
Ein Teilnehmer schüttelt den Kopf. "Bekannt werden kann im Netz offenbar | |
jeder, der Knackpunkt ist aber doch das Geldverdienen!" Zoe.Leela räumt | |
ein, viel Geld habe sie tatsächlich nicht gemacht. Die Frage nach dem | |
Einkommen wird im Kurs immer wieder gestellt. | |
Kursleiter Krebs kennt die Hoffnungen vom schnellen Geld im Internet, vor | |
dem Erfolg gehe es aber "um die kontinuierliche Arbeit am Webauftritt. Wenn | |
die Musiker viele Fans im Netz gefunden haben, lässt sich mit ihnen Geld | |
verdienen - auch außerhalb des Internets." | |
Nachdem alle Blogs eingerichtet sind, klappen die Kursteilnehmer die | |
Laptops zu. Einige von ihnen schultern Instrumente - und gehen endlich | |
Musik machen. | |
10 May 2011 | |
## AUTOREN | |
Laurence Thio | |
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