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# taz.de -- Burka-Verbot in Niedersachsen: Schwarz-grünes Bündnis gegen Burkas
> Die Grünen wollen islamische Ganzkörperschleier im öffentlichen Dienst in
> Niedersachsen per Gesetz verbieten. Das fordert auch CDU-Innenminister
> Schünemann.
Bild: "Weder Huren noch Unterwürfige": Mit dieser Parole, mit der sich franzö…
HANNOVER taz | Ein Burka-Verbot im öffentlichen Dienst fordern die
niedersächsischen Landtagsgrünen. Man befürworte ein "ausnahmsloses Verbot
des Ganzkörperschleiers" in Ämtern und Behörden, heißt es in einem
Beschluss, den die Fraktion einstimmig bei zwei Enthaltungen gefasst hat.
Damit gehen die Grünen eine ungewöhnliche Allianz mit Innenminister Uwe
Schünemann (CDU) ein: Der hatte die Verbots-Debatte im Frühjahr nach
Niedersachsen getragen, als Hessen einen entsprechenden Erlass eingeführt
hatte. Der islamische Ganzkörperschleier habe im öffentlichen Dienst
"nichts zu suchen", findet Schünemann, der Staat müsse Gesicht zeigen.
Weltanschauliche und religiöse Neutralität gebiete schon die Verfassung.
Schünemanns Plan: Bei der anstehenden Änderung des Beamtenrechts zur
Einführung der Rente mit 67 soll das Burka-Verbot in einem zusätzlichen
Artikel aufgenommen werden. Im Herbst soll der Landtag über die
Gesetzesänderung abstimmen, derzeit beraten die Fraktionen der
schwarz-gelben Landesregierung einen Entwurf.
Ganz einig sind sich FDP und CDU dabei nicht: Die Debatte führe "an der
Realität der öffentlichen Verwaltung Niedersachsens vorbei", sagt etwa der
FDP-Innenpolitiker Jan-Christoph Oetjen. Die Liberalen teilten zwar
grundsätzlich die Auffassung, dass Burkas nicht in den öffentlichen Dienst
gehörten. In niedersächsischen Behörden sei das aber derzeit gar kein
Thema.
Konkrete Fälle von Frauen, die mit Burka im öffentlichen Dienst arbeiten
wollen, sind weder dem Innenministerium noch der Schura Niedersachsen als
dem größten Moscheenverband des Landes bekannt. Der innenpolitische
Sprecher der Landtagsgrünen, Ralf Briese, aber hält es "für nicht
unwahrscheinlich, dass ein solcher Fall in Zukunft kommen wird". Und dafür
wolle man sich "frühzeitig und präventiv positionieren".
Mit ihrem Vorstoß setzen sich die Landesgrünen von der Bundespartei ab.
Während die grüne Bundestagsfraktion Forderungen nach Anti-Burka-Gesetzen
als Versuch bezeichnet, "auf populistische Weise Punkte zu sammeln" und
dabei anti-islamische Ressentiments zu nutzen, sieht Briese auf die Grünen
in Hannover im Herbst eine "komplizierte rechts-, integrations- und
frauenpolitische Frage" zukommen. Auf die hat sich die Fraktion mit einem
gleich mehrseitigen Beschluss vorbereitet. Verfasst haben den neben dem
Innenpolitiker Briese auch der Rechtspolitiker Helge Limburg und die
Migrationspolitikerin Filiz Polat.
Wie Innenminister Schünemann - sonst laut Briese "gerade in Fragen von
Integration und religiöser Toleranz kein Freund der Grünen" - berufen sie
sich auf das allgemeine Neutralitätsgebot für BeamtInnen und öffentlich
Bedienstete. Dem widerspreche das Tragen der Burka, es könne "das Vertrauen
in die Objektivität staatlicher Dienstleistungen erschüttern", heißt es in
dem Fraktionsbeschluss.
Zudem gelte das Grundrecht auf Religionsfreiheit auch für die KundInnen von
Ämtern und Behörden - und die sei durch "eine demonstrative
Religionsausübung" wie die Vollverschleierung eingeschränkt.
Als "integrationspolitisch falsches Signal" hatten die Grünen es noch
gewertet, als Niedersachsen 2004 ein Kopftuch-Verbot für Lehrerinnen im
Schulgesetz verankert hatte. Die Burka hingegen sei ein "stärkeres und
umstritteneres religiöses Symbol als das Kopftuch", findet Briese heute.
Für die Mehrheit der Gesellschaft bedeute ihr Anblick "eine totale
Überforderung" - wie viel Religiosität man tolerieren könne, sei stets eine
"Gratwanderung". Nicht wenige Frauen würden "sich und die Errungenschaften
der Emanzipation bedroht sehen", sagt er.
Avni Altiner, Vorsitzender des Moscheenverbandes Schura Niedersachsen,
sieht in der Verbots-Debatte derweil "von Politikern gemachte Hysterie, die
wir nicht brauchen". Nicht nur, dass er von keinem Fall einer
vollverschleierten Muslimin im niedersächsischen Staatsdienst weiß. "Jeder
Muslim sollte selbst so schlau sein, zu wissen, dass man so nicht im
öffentlichen Dienst arbeiten kann, wo man ständig Menschen gegenübertritt",
sagt Altiner.
Außerdem sei allseits bekannt, dass man mit entsprechenden Wünschen dem
Ansehen aller Muslime schade - und Ängste schüre.
10 May 2011
## AUTOREN
Teresa Havlicek
## TAGS
Schleier
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