# taz.de -- Flüchtlinge wollen wohnen: Im Heim statt Daheim | |
> Flüchtlinge protestieren gegen ihre weiterhin schlechten | |
> Lebensbedingungen und forderten das Ende der Heimunterbringung | |
Bild: Schon die Anfahrt ein Politikum: Sammeln vor dem Flüchtlingsheim in Hast… | |
Am Samstag protestierten rund 400 Flüchtlinge und UnterstützerInnen gegen | |
die Zwangsunterbringung in Asylbewerberheimen, gegen Isolation und | |
Ausgrenzung. Sie forderten die Abschaffung gesetzlicher Diskriminierung und | |
vom Land eine komplette Abkehr von der Unterbringung in Sammelunterkünften. | |
Von einem Flüchtlingsheim in Hastedt aus zog die Demonstration in die | |
Bremer Innenstadt. | |
Auf Grund der schlechten Verkehrsanbindung vieler Flüchtlingsheime wurde | |
die Anreise zur Demonstration selbst zu einem Politikum: Mit einen | |
Autokorso wurden die Flüchtlinge aus den entfernten Stadtteilen abgeholt. | |
Auch Ramin Popalzai war extra aus Vegesack gekommen, um zu protestieren. Er | |
ist aus Afghanistan geflohen und lebt nun bereits seit 14 Monaten in einem | |
Asylbewerberheim. 500 Flüchtlinge wohnen in Bremen wie er in | |
Gemeinschaftsunterkünften, neben Vegesack in Habenhausen, Hastedt oder | |
Huchting. Abseits der City, mit Gruppenzimmern und Gemeinschaftsduschen, | |
auf zugewiesenen sechs Quadratmetern. | |
Popalzai hat seine vorgeschriebene "Verweildauer" erfüllt, er dürfte in | |
eine Wohnung umziehen. "Ich habe über 20 Wohnungen gefunden, im Internet, | |
in der Zeitung, oder bei der Bremischen Wohnungsbaugesellschaft. Sobald die | |
herausfanden, dass ich nur geduldet bin, wurde mir abgesagt." Etwa 200 | |
Flüchtlinge dürften sich mittlerweile eine Wohnung suchen, sagt Marc | |
Millies vom Bremer Flüchtlingsrat. Doch nur eine Handvoll hätte das bislang | |
geschafft: "Ohne längere Aufenthaltsgenehmigung bekommen Flüchtlinge kaum | |
eine Wohnung." | |
Nicht einmal bei der Gewoba. Dabei hat die städtische Wohnungsgesellschaft | |
einen sozialen Auftrag. Dort hieß es, mit einer Duldung über sechs oder 12 | |
Monate sei eine Vermietung nicht möglich. Offiziell wurde das nicht | |
bestätigt, das Problem sei jedoch bekannt, so eine Sprecherin. Deshalb sei | |
die Gewoba nun mit verschiedenen Initiativen, auch dem Flüchtlingsrat, im | |
Gespräch. Auch das Sozialressort kennt das Problem. "Es ist allgemein nicht | |
einfach, eine Wohnung zu finden, auch für AlgII-Empfänger. Wir können nur | |
Unterstützung bieten, etwa in den Integrationsberatungsstellen", sagt eine | |
Sprecherin des Sozialressorts. | |
Erst im März hatte die Sozialdeputation den Zeitraum der vorgeschriebenen | |
Heimunterbringung in Bremen auf 12 Monate verringert. Sie seien "besonders | |
für Familien mit Kindern und für kranke und traumatisierte Asylbewerber und | |
Flüchtlinge eine Herausforderung" hieß es in einer Mitteilung der | |
Sozialsenatorin Ingelore Rosenkötter (SPD). | |
Marc Millies vom Flüchtlingsrat ist das zu wenig. "Wenn es der politische | |
Wille ist, die Menschen aus den Flüchtlingsheimen in eigenen Wohnungen | |
unterzubringen, so wird das bislang nicht umgesetzt." Dass dies sogar Geld | |
sparen könnte, sehe man etwa in Leverkusen, sagte Millies. Seit Jahren sind | |
die Flüchtlingsheime dort abgeschafft. Das forderten die Flüchtlinge und | |
UnterstützerInnen am Samstag auch für Bremen. | |
Begrüßt haben die DemonstrantInnen, dass sich das Land im Bundesrat für die | |
Abschaffung der Residenzpflicht einsetzt. Die schreibt Flüchtlingen vor, | |
den Kreis ihres Wohnortes nicht zu verlassen. Gleichwohl bestünden viele | |
weitere Diskriminierungen, etwa durch das Asylbewerberleistungsgesetz. | |
"Flüchtlinge bekommen ein Drittel weniger Geld als HartzIV-Empfänger", so | |
Millies. Auch gegen die Benachteiligung bei der Vergabe von | |
Arbeitsgenehmigungen wurde protestiert. Ramin Popalzai hat die selbst | |
erlebt: "Schon drei Mal wurde mir eine Arbeitsgenehmigung für eine Stelle | |
verweigert, mit der Begründung, dass versucht werde, den Arbeitsplatz | |
zuerst an Deutschen zu vergeben." | |
16 May 2011 | |
## AUTOREN | |
Jean-Philipp Baeck | |
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