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# taz.de -- Früherkennung bei Kleinkindern: Unbeliebte Einladungen
> Die Jugendämter in Niedersachsen klagen über die verbindlichen
> Früherkennungsuntersuchungen: Sie kalkulieren mit 80 Prozent
> Falschmeldungen.
Bild: Geschieht schon ganz doll oft, sagt die CDU: Ein Kinderarzt untersucht ei…
HANNOVER taz | Ein Jahr nach Einführung der verbindlichen
Früherkennungsuntersuchungen für Kleinkinder hat die Arbeitsgemeinschaft
der niedersächsischen Jugendämter (AGJÄ) "unnötigen Verwaltungsaufwand"
kritisiert. Knapp 20.000 Eltern sind demnach den Jugendämtern seit April
2010 gemeldet worden, weil sie mit ihren Kindern angeblich nicht bei
ÄrztInnen waren.
Vier Fünftel davon, sagt der AGJÄ-Vorsitzende Frank Lammerding, seien nach
Kalkulation der Ämter Falschmeldungen: Sie würden erfasst, weil
Teilnahmebestätigungen über die Untersuchungen nicht rechtzeitig beim
Landesamt für Soziales und Jugend eingehen. Für die Jugendämter bedeute das
einen "Aufwand, der in keinem Verhältnis zum Effekt beim Kinderschutz
steht", so Lammerding. Wird ihnen eine Familie gemeldet, müssen sie
überprüfen, ob dort ein Kind gefährdet ist.
Rund 330.000 Einladungen und 100.000 Erinnerungen wurden im ersten Jahr
verschickt, teilte Niedersachsens Sozialministerin Äygül Özkan jetzt auf
Anfrage der FDP-Landtagsfraktion mit. Gut 20.000 Familien hat das Landesamt
für Jugend und Soziales den Jugendämtern gemeldet, weil dort keine
Teilnahmebestätigung vorlag.
Viel mehr weiß Özkan allerdings auch nicht: Angaben darüber, wie die
Jugendämter mit den Meldungen umgehen, oder in wie vielen Fällen bei den
gemeldeten Familien auch Kindeswohlgefährdungen festgestellt wurden, macht
sie nicht. Dazu lägen dem Ministerium keine Informationen vor, heißt es in
der Antwort. Die Jugendämter hätten keine Berichterstattungspflicht,
erklärt ihre Sprecherin auf Nachfrage.
Zur Frage, ob durch das Gesetz tatsächlich mehr Kinder untersucht werden,
verweist Özkan auf eine Quote von rund 85 Prozent bei Kindern bis vier
Jahren innerhalb der ersten drei Monate nach der Einführung. Bei Kindern im
Alter von sechs und sieben Monaten sei die Quote von 85,4 auf 90,7 Prozent
gestiegen. Özkans Amtsvorgängerin Mechthild Ross-Luttman (CDU) hatte von 90
Prozent bei Kindern bis zu einem Jahr gesprochen.
Einen "Versuch, die Ineffektivität des Gesetzes zu vertuschen" erkennt
Miriam Staudte in Özkans Angaben. Das Gesetz sei "kontraproduktiv", warnt
die Familienpolitikerin der Landtagsgrünen: Durch den Arbeitsaufwand für
das Einladewesen könnten solche Famwfilien hinten runter fallen, die den
Jugendämtern bereits bekannt sind. Zudem fürchteten die Jugendhilfeträger,
die Falschmeldungen könnten das Vertrauensverhältnis zu den Familien
stören: "Die Träger arbeiten seit Jahren daran, das Kontrollelement
loszuwerden", sagt Staudte.
Auch Lammerding von der AGJÄ hält das Gesetz für "nicht notwendig". Er ist
sich sicher: Selbst Eltern, die ihre Kinder nicht zu den Untersuchungen
schicken, seien "meist in anderen sozialen Netzwerken, in denen sie
auffallen".
18 May 2011
## AUTOREN
Teresa Havlicek
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