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# taz.de -- Nach kritischem Kommissionsbericht: Klageweg gegen Krümmel offen
> Die Kritik der Reaktorsicherheitskommission am fehlenden Schutz deutscher
> Atomkraftwerke vor Flugzeugcrashs erhöht die Klagechancen gegen den
> Meiler in Krümmel - der hält nur ein Kleinflugzeug aus.
Bild: Entweder die Bundesregierung nimmt Krümmel selbst vom Netz - oder Andrea…
HAMBURG taz | "Das liefert Munition für meine Klage", frohlockt Andreas
Meihsies. Der 51-Jährige hat den 116-seitigen Sicherheitsbericht der
Reaktorsicherheitskommission (RSK) verschlungen, die Passagen über Krümmel
dabei besonders intensiv studiert. Nach der Lektüre fühlt er sich "einfach
nur bestätigt."
Meihsies klagt vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) in Schleswig auf
Stilllegung des Atomkraftwerks Krümmel. Seit Jahren bezweifelt der
ehemalige niedersächsische Landtagsabgeordnete der Grünen, dass der Reaktor
einen Flugzeugabsturz und insbesondere einen terroristischen Anschlag mit
einem großen Passagierjet heil überstehen würde. "Die Schutzmaßnahmen sind
ausgelegt gegen den Aufprall eines Kleinflugzeugs oder Düsenjets",
argumentiert der Postbote aus Lüneburg.
Am Mittwoch konnte Meihsies schwarz auf weiß nachlesen, dass seine
Einschätzung nun amtlich geteilt wird. Die von Bundesumweltminister Norbert
Röttgen (CDU) beauftragte Sicherheitsprüfung aller deutschen Atomkraftwerke
kommt zu dem Ergebnis, dass der Meiler in Krümmel weder den Absturz eines
mittleren noch eines großen Verkehrsflugzeuges mit Sicherheit überstehen
würde - für beide "Ereignisse" sei er "nicht ausgelegt". Zwar sei nicht
auszuschließen, dass "die Struktur des Reaktorgebäudes bei einem Absturz …
erhalten bleibt", heißt es in der Studie. Doch um das zu erhärten, müssten
die Betreiber Vattenfall und Eon "zusätzliche Nachweise" vorlegen. Und die
müsste die Atomaufsicht dann auch noch bestätigen.
Meihsies spielt in die Karten, dass die Gefahr eines Flugzeugabsturzes in
dem RSK-Bericht und damit auch für die Bundesregierung nun erstmals ganz
offiziell eine Rolle im Sicherheitskalkül spielt - als zentrales Kriterium
für oder gegen eine Abschaltung der siebzehn geprüften Kraftwerke.
Noch 2009 hatte die schleswig-holsteinische Atomaufsicht den Antrag von
Meihsies abgelehnt, Krümmel wegen fehlendem Schutz vor einem
Flugzeugabsturz die Betriebsgenehmigung zu entziehen. In dem Bescheid heißt
es, "der (terroristische) Flugzeugabsturz" sei kein Störfall im Sinne der
einschlägigen Vorschriften, weil er "nicht von der Anlage oder ihrem
Betrieb" ausgehe.
Vielmehr, so argumentierte die Behörde, sei "ein zielgerichtetes Handeln
von Terroristen … nicht mit wissenschaftlichen Mitteln erfassbar". Zwar sei
der Behörde ein solches Szenario "durchaus bekannt", doch sei "ein
absoluter Schutz letztlich nicht erreichbar". Das gilt noch immer - nur
wird ein solches "Restrisiko" seit der Katastrophe im japanischen AKW
Fukushima auch von der Bundesregierung komplett anders bewertet.
Trotz gestiegener Erfolgschancen will Andreas Meihsies allerdings noch ein
paar Tage abwarten, bevor er den nächsten Schritt auf seinem langen
Klageweg geht. Denn am 6. Juni will die Bundesregierung darüber
entscheiden, welche der derzeit abgeschalteten Reaktoren nie wieder ans
Netz gehen. Die von der Bundesregierung eingesetzte Ethikkommission hat
sich bereits dagegen ausgesprochen, dass es für die Kraftwerke Unterweser,
Brunsbüttel und auch Krümmel ein Comeback gibt. Hält sich die Regierung an
diese Empfehlung, hätte sich Meihsies Klage wohl erledigt.
Zu einem endgültigen Atom-Aus mochte sich Pieter Wasmuth,
Generalbevollmächtigter des AKW-Mitbetreibers Vattenfall Europe, am
Mittwoch nicht äußern. Er wolle sich erst "ein ganzheitliches Bild" von der
RSK-Studie machen. Ob Brunsbüttel nun stillgelegt und Krümmel je wieder
angefahren würde, sei "jetzt nicht zu kommentieren". Allerdings räumte
Wasmuth ein, die Frage, "was ein Schrottreaktor ist und was nicht",
unterliege nun einer "vielschichtigen Sichtweise".
18 May 2011
## AUTOREN
S.-M. Veit
M. Carini
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