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# taz.de -- Duisburgs Trainer Milan Sasic: Vom Bauarbeiter zum Erfolgstrainer
> Der Kroate Sasic floh vorm Bürgerkrieg nach Deutschland, schaffte mit
> Akribie den sozialen Aufstieg. Genauso führte er seine Teams nach oben
> und nun den MSV ins Pokalfinale.
Bild: Wo Sasic ist, da ist der Erfolg: Reicht es auch für den DFB-Pokal?
DUISBURG taz | Milan Sasic glüht. Der Trainer des MSV Duisburg ist kaum zu
bremsen in den Tagen vor dem Pokalfinale, er erzählt und erzählt, plaudert
über die vielen Verletzten im Kader, referiert über den Charme der
Außenseiterrolle, über Duisburg, das nach dem Loveparade-Unglück am Boden
liegt, und auch seine unglaubliche Lebensgeschichte wiederholt er zum x-ten
Mal.
Sasic liebt es, im Mittelpunkt zu stehen, doch sollte seine Mannschaft das
große Finale gegen Schalke 04 gewinnen, dann – das behauptet er jedenfalls
– wird er ganz schnell von der grellen Bühne verschwinden.
"Ich bin zweimal mit der TuS Koblenz aufgestiegen, die Jungs haben getanzt,
gefeiert und getrunken, ich habe mich lieber ins Auto gesetzt und bin nach
Hause gefahren", sagt Sasic. Ähnlich werde er es auch in Berlin halten. Ein
Feierbiest ist der Mann nicht, er genießt still, und vielleicht hat das
etwas mit seinem erstaunlichen Lebensweg zu tun.
Vor 20 Jahren stand Sasic vor den Trümmern seiner Existenz. 1991 musste der
Kroate mit seiner Frau, den beiden Söhnen und ein paar Habseligkeiten vor
dem Krieg in Jugoslawien fliehen. Das Leben der Sasic war bedroht, der
junge Vater hatte das Glück, eine Schwester in Deutschland zu haben. "Ich
war damals ein ausländischer Bürger ohne Status", erinnert sich der
ehemalige Torhüter.
Er ist dann Lastwagen gefahren, hat den Gasthof "Brauer Pub" im Westerwald
gepachtet, schließlich arbeitete er im Straßenbau, um seine
Aufenthaltsgenehmigung nicht zu verlieren. Diese Erinnerungen sind immer
noch präsent – nun steht er vor der Krönung seines Aufstiegs. "Als Trainer,
der von dort unten kommt, bin ich sehr, sehr stolz, jetzt im
DFB-Pokalfinale zu stehen", sagt der 52-Jährige.
## Auf dem Bau stieg er schnell auf
Auf dem Bau stieg er trotz bescheidener Deutschkenntnisse schnell vom
Hilfsarbeiter zum Brigadier auf. Es war in dieser Zeit, Mitte der 90er
Jahre, als ihn ein Bekannter überredete, die Fußballer der DJK
Gebhardshain-Steinebach zu trainieren, Freizeitsportler aus der Kreisliga
B.
Gekickt wurde auf Asche. Sasic, der vor seiner Flucht einen Drittligisten
in Jugoslawien betreut hatte, wusste nicht, was Kreisliga bedeutet. Er ging
davon aus, auch in Gebhardshain-Steinebach halbwegs professionelle
Bedingungen vorzufinden. "Ich habe den Jungs nicht erlaubt, dass sie Bier
trinken und rauchen", sagt er – ein hoffnungsloses Unterfangen in der
Kreisliga B.
Dennoch stieg die Mannschaft auf, und Sasic erhielt das Angebot, die
Reserve des VfL Hamm/Sieg in der Bezirksliga zu übernehmen. "Das waren
teilweise Altherrenkicker, aber es war verblüffend, wie die plötzlich die
Liga dominierten", hat Peter Wardenbach, der Geschäftsführer in Hamm, dem
Kicker erzählt.
Sasic wurde zum Trainer der ersten Mannschaft in Hamm, die in der Oberliga
spielte, befördert. Und im Sommer 2002 erhielt er ein Angebot der TuS
Koblenz. "Wir haben vier Spieler und eine Million Schulden. Wollen Sie
unser Trainer werden?", habe Bruno Gauggel, der Vorsitzende der TuS, damals
gefragt, erzählt Sasic. Er schlug ein und führte den Klub innerhalb von
vier Jahren von der Oberliga bis in die zweite Bundesliga.
## Unterstellungen, die nie bewiesen wurden
Wo Sasic ist, da ist der Erfolg, und doch war Sasic nie unumstritten. Er
habe Geld erhalten, weil er bestimmte Spieler nach Koblenz holte, bewiesen
wurde diese Unterstellung nicht. Als Sasic dann 2009 in Kaiserslautern
arbeitete, wurde Strafbefehl gegen den Trainer erlassen, weil er sich in
Koblenz offenbar 40.000 Euro schwarz auszahlen ließ.
Und in einem Interview huldigte Sasic jüngst dem "großartigen Tito", obwohl
der jugoslawische Exdiktator für Vertreibungen verantwortlich ist und
politische Gegner inhaftieren ließ. Sasic polarisiert, er gebärde sich
selbst wie ein Diktator, hieß es in Lautern, wo Sasic den 1. FC mit einem
furiosen Saisonendspurt 2008 vor dem Absturz in die Dritte Liga bewahrte.
Ein Jahr später wurde der eigenwillige Trainer mitten im Kampf um den
Aufstieg entlassen. Über die Umstände der Trennung schweigen die
Beteiligten bis heute. Es soll zwischenmenschliche Probleme mit Manager
Stefan Kuntz und Teilen der Mannschaft gegeben haben.
Solche Geschichte werden auch in Duisburg erzählt. Von lautstark
ausgefochtenen Konflikten mit Spielern, Betreuern, dem Fahrer des
Teambusses und Mitarbeitern der Pressestelle ist die Rede. "Das ist eben
seine Art", sagt MSV-Sportdirektor Bruno Hübner, "wenn man so akribisch
arbeitet, ist das ein schmaler Grat, da fühlen sich einige schnell
verletzt." Doch wenn dieser Mann den Pokal gewinnt, dann verzeihen sie ihm
alles in der gebeutelten Stadt im Süden des Ruhrpotts.
21 May 2011
## AUTOREN
Daniel Theweleit
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