# taz.de -- Neues Klimagesetz geplant: Großbritanniens grüne Ambitionen | |
> Die britische Regierung will den CO2-Ausstoß bis 2025 halbieren. Grüne | |
> kritisieren das Gesetz: Investitionen in Erneuerbare würden gebremst. Und | |
> AKW-Betreiber profitieren. | |
Bild: Nicht so grün: TATA-Stahlwerke in Scunthorpe, im Nordosten des Landes. | |
DUBLIN taz | Die britische Regierung will die Kohlendioxid-Emissionen bis | |
2025 halbieren, gemessen am Stand von 1990. Das gab Energieminister Chris | |
Huhne jetzt bekannt und betonte, die Koalition seiner Liberalen Demokraten | |
mit den Tories sei die "grünste Regierung aller Zeiten", wie sie zu ihrem | |
Amtsantritt vor einem Jahr versprochen habe. | |
Wie das ambitionierte Ziel erreicht werden soll, will die Regierung im | |
Oktober darlegen. Das wird nicht einfach: Im April ist herausgekommen, dass | |
der britische Kohledioxid-Ausstoß zwischen 1990 und 2008 nicht um 28 | |
Millionen Tonnen gefallen sei, wie die Regierung behauptet hat, sondern um | |
100 Millionen Tonnen gestiegen ist. | |
Der Bekanntgabe der Emissionsreduzierung, die gesetzlich bindend ist, war | |
ein heftiger Streit im Kabinett vorausgegangen. Schatzkanzler George | |
Osborne, Transportminister Philip Hammond und Wirtschaftsminister Vince | |
Cable hatten sich gegen den vierten britischen Kohlendioxid-Haushalt | |
gewehrt, der von 2023 bis 2027 läuft und Teil des 2008 festgelegten Ziels | |
ist, die Emissionen bis 2050 um 80 Prozent zu senken. Die drei Minister | |
gaben sich schließlich mit einem Kompromiss zufrieden: Im Jahr 2014 soll | |
das Emissionsgesetz überprüft und möglicherweise geändert werden, falls die | |
anderen Länder der EU nicht mitziehen. | |
## "Verschmutzung wird exportiert, nicht vermieden" | |
Caroline Lucas, die einzige Unterhausabgeordnete der Grünen, kritisierte | |
die Regierung deshalb. Diese Klausel verunsichere potenzielle Investoren in | |
grüne Technologien, die durch das Klimagesetz ja gerade ermuntert werden | |
sollen. Darüber hinaus soll die Reduzierung nicht nur durch einheimische | |
Maßnahmen erreicht werden, sondern auch durch den Emissionshandel, monierte | |
Lucas. Damit exportiere man die Verschmutzung mit Kohlendioxid lediglich, | |
statt sie zu reduzieren. | |
Eine Gruppe von Professoren und Umweltaktivisten schrieb in einem offenen | |
Brief, die angeblich "grünste Regierung" habe ein gespaltenes Verhältnis | |
zum Umweltschutz. Statt sich um die Luftverschmutzung zu kümmern, habe die | |
Regierung den Bezirksverwaltungen nahegelegt, lieber die EU-Strafen zu | |
zahlen. Außerdem wurde die Benzinsteuer im Haushaltsplan für dieses Jahr | |
nicht erhöht, sondern um einen Penny gesenkt. Die grüne Investmentbank sei | |
sabotiert worden, indem man ihr erst 2015 gestattet, Gelder aufzunehmen, | |
heißt es in dem Brief. Zudem habe man es versäumt, eine stärkere | |
Emissionsreduzierung bis 2020 festzulegen, wodurch die schwere Aufgabe | |
verschoben und einer künftigen Regierung aufgebürdet werde. | |
## Auch die Atomindustrie wird profitieren | |
Die Regierung hat verschwiegen, dass vor allem die Atomindustrie von dem | |
Gesetz zur Kohlendioxid-Reduzierung profitieren wird. Sie wird Milliarden | |
durch den Emissionshandel einnehmen. In den nächsten beiden Jahrzehnten | |
sollen 10 neue Atomkraftwerke gebaut werden. Bis 2025 soll ein Viertel des | |
Strombedarfs durch Atomkraft abgedeckt werden. Derzeit sind es knapp 20 | |
Prozent, doch die meisten der 16 Anlagen sind veraltet und müssen bis 2023 | |
abgeschaltet werden. | |
Mike Weightman, der für die Sicherheit von Atomkraftwerken zuständige | |
Inspektor, gab den britischen AKWs jedoch vorige Woche grünes Licht. In | |
seinem Zwischenbericht über die Lektionen, die aus der Atomkatastrophe in | |
Japan zu lernen seien, heißt es, die britischen Atomkraftwerke haben ein | |
anderes Design als Fukushima und seien weder durch Tsunamis noch durch | |
Erdbeben gefährdet. Deshalb sei es nicht notwendig, den Betrieb britischer | |
Anlagen einzuschränken. Er schlug lediglich einige kleinere Verbesserungen | |
vor. | |
23 May 2011 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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