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# taz.de -- Pressefreiheit in Indonesien: Im Zweifel für die alten Eliten
> Testfall für eine junge Pressefreiheit: Weil ein Magazin einen Sohn des
> Ex-Diktators Suharto "Mörder" nannte, soll es Millionen an Entschädigung
> zahlen.
Bild: Tommy Suharto wurde 2002 zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt.
Einen verurteilten Mörder einen verurteilten Mörder zu nennen ist strafbar.
Dieser Meinung ist zumindest der zuständige Richter eines Gerichts in
Jakarta, der am Dienstag dem Sohn des indonesischen Exdiktators Suharto,
Hutomo "Tommy" Mandala Putra, ein Schmerzensgeld von 12,5 Millionen Rupiah
(277.000 US-Dollar) zusprach.
Zahlen muss die staatliche indonesische Fluglinie Garuda. Ende 2009 war im
Garuda-Bordmagazin ein Artikel über die Urlauberinsel Bali erschienen, wo
Tommy mehrere Touristen-Resorts gehören. Der Redakteur, der den Artikel ins
Englische übersetzte, hatte eine Fußnote zum Hintergrund des
Hotelunternehmers eingesetzt, in der vom "verurteilten Mörder" die Rede
war.
Dabei hatte das Magazin keine Lügen verbreitet: Tommy wurde 2002 zu 15
Jahren Gefängnis verurteilt, weil er den Mord an einem Richter des Obersten
Gerichts in Auftrag gegeben hatte, von dem er zuvor wegen Betrugs
verurteilt worden war. Jedoch bereits 2006 wurde Suharto jr. wieder auf
freien Fuß gesetzt - wegen guter Führung.
In den Augen des Richters, der über das Vergehen des Garuda-Magazins zu
befinden hatte, ist Tommy damit rehabilitiert. "Er hat seine Strafe
abgesessen, und seine Rechte als Bürger sind vollständig wiederhergestellt.
Seine Vergangenheit muss also nicht erwähnt werden", so begründete er sein
Urteil.
"Das ist eine sehr bedauerliche Entscheidung, da das Magazin ja faktisch
richtig berichtet hat", sagte Bambang Harymurti, Vizechef des indonesischen
Presserates, zur taz. "Die Richter haben das Recht der Öffentlichkeit auf
Information negiert. Für Konsumenten sind Informationen zur
Eigentümerschaft wichtig. Ich möchte nicht in einem Hotel übernachten, das
einem Verbrecher gehört", so Harymurti weiter. Der Presserat hoffe, dass
die beklagte Fluglinie eine Revision anstrebe, "damit dieser juristische
Fehler behoben werden kann".
## Eingeschränkte Freiheit
1998 hatte sich Indonesien nach 32 Jahren von der Militärherrschaft
Suhartos befreit. Seitdem erfreut sich das südostasiatische Land - anders
als viele seiner Nachbarn - einer großen Medienfreiheit von staatlicher
Seite. Doch wurden allein im vergangenen Jahr 66 gewalttätige Übergriffe
auf Journalisten beim Presserat gemeldet - die Täter blieben oft straffrei.
Auch dass Geschäftsleute Medien wegen unliebsamer Berichterstattung auf
Millionensummen verklagen, ist in Indonesien keine Seltenheit. Justiz und
Polizei sind für grassierende Korruption bekannt. Häufig sprechen die
Richter Recht nach Paragrafen des Strafgesetzbuches, die noch aus der
Kolonialzeit stammen und im Falle von Verleumdung drakonische Strafen
vorsehen. Das 1999 eingeführte liberale Presserecht wird bei solchen Klagen
oft negiert.
Suharto senior hatte ebenfalls versucht, Millionen wegen unliebsamer
Berichterstattung zu erklagen. Das Time-Magazin hatte sich 1999 in seiner
Asien-Ausgabe den üppigen Geschäften von Suhartos Familie gewidmet, die
während seiner Herrschaft ein Vermögen von 73 Milliarden Dollar angehäuft
haben soll. Suharto war nach seinem Sturz weder dafür noch für die
zahlreichen ihm zur Last gelegten Menschenrechtsverletzungen verurteilt
worden. Er klagte wegen Verleumdung gegen Time und bekam 2007 eine
Entschädigung von 106 Millionen Dollar zugesprochen. 2009 hob das Oberste
Gericht Indonesiens dieses Urteil wieder auf, was damals als positiver
Testfall für die Pressefreiheit des Landes galt.
Das Urteil zugunsten des Suharto-Sohns zeigt nun hingegen, dass Freiheit
für Journalisten nur dann gesichert ist, solange diese nicht die
politischen oder geschäftlichen Interessen der noch immer mächtigen alten
Eliten berührt.
26 May 2011
## AUTOREN
Anett Keller
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