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# taz.de -- Braunschweig privatisiert Sanierung: Hochtief macht Schule
> Die Stadt Braunschweig will Schulsanierung und -betrieb an den Baukonzern
> Hochtief auslagern. Die Opposition im Stadtrat fürchtet ein
> Verlustgeschäft.
Bild: In Braunschweig künftig privat: Klassenzimmer.
HANNOVER taz | Ob Braunschweiger Schulen künftig vom Essener Bauriesen
Hochtief saniert und bewirtschaftet werden, entscheidet der Rat der Stadt
am heutigen Dienstag. 32 Millionen Euro will die Stadt mit einer
Public-Private-Partnership sparen. Kritiker bezweifeln das "Wunder von
Braunschweig".
25 Jahre lang soll die Hochtief-Tochter PPP Solutions neun Schulen, drei
Kitas und zwei Sporthallen sanieren und betreiben, so der Vorschlag der
Braunschweiger Stadtverwaltung.
Für Reinigung, Instandhaltung, Hausmeisterdienste und Grünpflege wäre
künftig das Privatunternehmen zuständig. Die Stadt bliebe weiter Eigentümer
der Gebäude, für deren Nutzung würde sie jährlich 12,65 Millionen Euro
Entgelt zahlen.
Nach den Brechungen der Stadt ist das 1,5 Millionen Euro günstiger im Jahr
als Sanierung und Betrieb in städtischer Eigenleistung. Braunschweigs
CDU-Oberbürgermeister Gert Hoffmann - ein großer Privatisierungs-Freund -
hat bereits angekündigt, die Einsparungen in weitere Schulsanierungen
investieren zu wollen. Zustimmen muss nur noch der Rat - und dort haben CDU
und FDP mit Hoffmanns entscheidender Stimme die Mehrheit.
Die Ratsfraktionen von SPD, Grüne, Linke sowie die Bürgerinitiative
Braunschweig (Bibs) lehnen die Pläne ab. Der Hauptkritikpunkt: das
Vergabeverfahren. Vier Jahre Vorlauf hatte das Projekt.
142 Seiten lang ist allein der Vertragsentwurf der Stadtverwaltung. Hinzu
kommen rund 600 Seiten Anlagen. Und die haben die Fraktionen vor der
Ratsentscheidung nicht ausgehändigt bekommen, sagt Bibs-Ratsherr Peter
Rosenbaum. "Wir kennen die genauen Verpflichtungen nicht, die die Stadt
eingehen will."
Mehrfach seien die Beraterfirmen gewechselt worden. Die Schätzungen für
Schulsanierung und -betrieb in städtischer Eigenleistung seien derweil
gestiegen - bis schlussendlich die öffentlich-private Variante am
günstigsten erschien. "Uns wird vorgerechnet, weiß ist schwarz", sagt
Rosenbaum.
Er fordert, dass die städtische Wohnungsbaugesellschaft Niwo die
Sanierungen übernimmt. Rosenbaum warnt davor, sich für 25 Jahre an die
Hochtief-Tochter PPP Solutions zu binden und fürchtet ein Verlustgeschäft:
zu ungewiss sei deren Zukunft, seit der hochverschuldete spanische
Großaktionär ACS Hochtief geschluckt hat.
Fast harmlos seien dagegen die im Vertrag vorgesehenen Leistungen: selbst
die Art des Klopapiers ist dort geregelt, Klassenräume sollen sechs Mal im
Monat gereinigt werden. Eine "vertraglich festgeschriebene Ferkelei",
findet Rosenbaum.
Die Stadt selbst will sich auf taz-Nachfrage zur Kritik nicht äußern und
verweist auf allgemeine gehaltene Pressemitteilungen. "Nachvollziehbar und
überprüfbar" seien die Kalkulationen, heißt es darin.
Von einer schriftlichen Mitteilung des Hochtief-Vorstands, PPP Solutions
solle nicht verkauft werden, ist die Rede. Oberbürgermeister Hoffmann
selbst bemüht sich, die Vorteile von 25 Jahren Vertragslaufzeit zu rühmen:
Verlässlichkeit biete die den Räten der kommenden fünf Ratsperioden, lässt
er sich von der Braunschweiger Zeitung zitieren.
Der Grünen-Ratsherr Holger Herlitschke fürchtet indes, dass es für Hoffmann
kein Zurück mehr gibt: Zu lange habe der sich für das Vorhaben eingesetzt.
"Ein Eingeständnis des Scheiterns", sagt Herlitschke, "wäre wohl ein zu
deutliches Negativzeichen kurz vor der Kommunalwahl im September."
30 May 2011
## AUTOREN
Teresa Havlicek
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