# taz.de -- Deutsche Schwimm-Meisterschaften: Schnelle Zeiten ohne Haifischkost… | |
> Bei den Deutschen Meisterschaften fallen Rekorde, die noch mit den | |
> mittlerweile verbotenen Hightech-Schwimmanzügen erzielt wurden. Wie ist | |
> diese Leistungsexplosion zu erklären? | |
Bild: Ob dieser Teilnehmer der Schwimm-Meisterschaft mit dieser Badehose zum Er… | |
BERLIN taz | Kritik, so hat Lutz Buschkow am Rande der Deutschen | |
Schwimm-Meisterschaften in Berlin postuliert, möge doch künftig intern | |
geäußert werden. Die Forderung des Leistungssportdirektors bleibt ein | |
frommer Wunsch. Die deutschen Leistungsschwimmer, insbesondere der | |
zweifache Weltmeister Paul Biedermann, zeigen sich dieser Tage gewohnt | |
diskursfreudig. | |
Seit Dienstag pflügt die nationale Elite durchs Wasser. Doch damit das | |
Fernsehen die spannendsten Wettbewerbe kompakt am Wochenende übertragen | |
kann, finden die Vorläufe und die Finals nicht wie gewöhnlich an einem Tag | |
statt. Biedermann mahnte eine athletenfreundlichere Lösung an, die sich | |
nicht an den TV-Sendern, sondern an den internationalen Wettbewerben | |
orientieren müsse. | |
Und er kritisierte die harten Normzeiten, die bei der DM für die | |
Weltmeisterschaften in Schanghai (16.-31 Juli) geschwommen werden müssen. | |
An diesem Wochenende müssen auf sieben Strecken deutsche Rekorde unterboten | |
werden, um das Ticket nach China zu lösen. Biedermann forderte deshalb | |
weichere Kriterien für die Nachwuchstalente ein. | |
## Bundestrainer Lange: "Die Weltelite gibt die Normzeiten vor" | |
Dirk Lange, der Bundestrainer des Deutschen Schwimm-Verbandes (DSV), lässt | |
sich auf Argumente, die auf individueller Erfahrung beruhen, gar nicht erst | |
ein. Er betrachtet die Probleme von ihrer generellen Seite. "Joachim Löw", | |
entgegnet er, "nimmt zu WM-Turnieren auch keine A-Jugendlichen mit, damit | |
sie Erfahrung sammeln." | |
Und außerdem gebe nicht er, sondern die Weltelite die Normzeiten vor. Bei | |
dem zu erreichenden Weltranglistenplatz elf hat der DSV seine Richtschnur | |
aufgespannt, wobei pro Nation nur zwei Schwimmer gewertet werden. Für die | |
Olympischen Spiele in London 2012 soll es dann der zehnte | |
Weltranglistenplatz sein. So fordere es doch der Deutsche Olympische | |
Sportbund, sagt Lange. Er malt sein WM-Aufgebot allein nach Zahlen und | |
wäscht seine Hände in Unschuld. | |
Im Vorfeld der WM 2009 in Rom wurde der Bundestrainer vom | |
Dopingopfer-Hilfeverein für seine harten Normvorgaben kritisiert. Diese, so | |
hieß es, verführten die Athleten dazu, über die Einnahme von | |
leistungssteigernden Mitteln nachzudenken. Auch damals waren etliche | |
deutsche Rekorde zu unterbieten. Im Unterschied zu heute fielen in dieser | |
Zeit der Hightechanzüge die Rekorde wie Dominosteine. Nach dem Verbot der | |
Anzüge glaubten die meisten Experten eigentlich, es würde nun eine Ära der | |
Rekordlosigkeit anbrechen. Biedermann befand, man hätte nun im Wasser das | |
Gefühl, einem seien die Schwimmflossen weggenommen worden. | |
## Erster Weltrekord ohne Synthetikhaut | |
Doch irgendwelche Flossen scheinen den Schwimmern wieder angewachsen zu | |
sein. Auf der Kurzbahn stellte bereits vergangenen Dezember ein | |
chinesisches Frauenstaffelteam auf der 4 x 200-Meter-Freistilstrecke den | |
ersten neuen Weltrekord ohne Synthetikhaut auf. Und auch bei den | |
gegenwärtigen Deutschen Meisterschaften wurde bereits am Dienstag ein | |
"Plastikrekord" pulverisiert. | |
Der nur in Badehose bekleidete Yannick Lebherz unterbot seine eigene im | |
Ganzkörperanzug geschwommene Bestmarke über 400 Meter Lagen um imposante | |
0,61 Sekunden. Auf die Hundertstel genau erfüllte der 22-Jährige somit die | |
WM-Norm. Und auch Jan David Schepers qualifizierte sich über 200 Meter | |
Lagen mit einer persönlichen Bestzeit für die WM. | |
Lange fühlt sich durch die jüngsten Ergebnisse bestätigt, betont aber, nie | |
an seinem Kurs gezweifelt zu haben. Dass die Schwimmer ohne Textildoping so | |
schnell wieder zu Höchstleistungen fähig sind, verwundert ihn nicht. Genau | |
das, erinnert der Bundestrainer, habe er als einer der wenigen direkt nach | |
der Abschaffung der Hightechanzüge prognostiziert. | |
Doch woran liegt das? An der Dynamik des Schwimmsports, erklärt Lange. "In | |
der Trainingsmethodik sind wir wieder in neue Bereiche vorgestoßen." Man | |
habe die Trainingsumfänge gesteigert, am Verhältnis von Be- und Entlastung | |
gefeilt, das Krafttraining verbessert und einiges mehr. Weil Lange merkt, | |
dass bei seinem Gegenüber ein gewisses Staunen bleibt, verweist er auf die | |
Komplexität der Trainingswissenschaft: "In der kurzen Zeit ist das nicht so | |
verständlich zu machen." Für das Wochenende, wenn die Besten schwimmen, | |
rechnet Lange mit weiteren Höchstleistungen. | |
3 Jun 2011 | |
## AUTOREN | |
J. Kopp | |
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