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# taz.de -- Dänisches Gericht verurteilt Klima-Aktivisten: Schubsen verboten
> Ein dänisches Gericht schickt zwei Sprecherinnen eines Klimanetzwerks ins
> Gefängnis. Sie sollen "schubsen" gerufen haben. Das sei eine Aufforderung
> zur Gewalt.
Bild: Sitzblockade beim Klimagipfel in Kopenhagen (COP 15).
KOPENHAGEN taz | "Man hätte ihnen stattdessen einen Preis für Zivilcourage
verleihen sollen", sagt Thorkild Høyer, ihr Rechtsanwalt. Stattdessen
verurteilte des kopenhagener Oberlandesgericht (Østre Landsret) jetzt
Tannie Nyboe und Stine Gry Jonassen zu zwei Monaten Haft ohne und zwei
weitere Monate auf Bewährung. Der Vorwurf: Sie hätten sich beim
Internationalen Klimagipfel in Kopenhagen im Dezember 2009 der
"Aufforderung zur Gewalt" schuldig gemacht.
Nyboe und Jonassen waren Sprecherinnen des Klimanetzwerks [1]["Climate
Justice Action"] und waren als solche an der Organisation der
Protestveranstaltung mitbeteiligt, die am 16. Dezember 2009 vor dem
Konferenzgebäude "Bella-Zentrum" stattgefunden hatte. Die stand unter dem
Motto "Reclaim Power – Push for Climate Justice". Und dieses
Demonstrations-motto "Push" sollen die beiden Frauen ausweislich von der
Polizei vorgelegter Video- und Tonaufzeichnungen auch von der Ladefläche
eines LKW ins Mikrofon gerufen haben. So wie Tausende andere
TeilnehmerInnen dieser Aktion.
Schubsen sei Gewalt und eine Aufforderung dazu deshalb strafbar, meinte
schon das Amtsgericht und hatte Nyboe und Jonassen im November vergangenen
Jahres erstinstanzlich zu vier Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Eine
Entscheidung, die ein – uneiniges – Berufungsgericht nun sogar noch
verschärfte. "Völlig unerwartet für meine Mandantinnen", wie Anwalt Høyer
mitteilt und "ein sehr unglückliches Urteil".
## Ein Exempel statuieren
Denn gerade die fragliche Veranstaltung vor dem Bella-Zentrum habe zu denen
gehört, für die nicht nur ausdrücklich das Motto ausgegeben worden sei,
jegliche körperliche Gewalt zu unterlassen und bei der dann auch
tatsächlich vor allem von einer Seite Gewalt ausgeübt worden war: Von der
Polizei. Die setzte ausweislich Augenzeugen und Videoaufnahmen Schlagstöcke
und Pfefferspray ein, um die DemonstrantInnen von den Konferenzabsperrungen
fernzuhalten.
Während es auf Demonstrantenseite deshalb auch mehrere Verletzte gab,
konnte die Polizei nur melden, einige Beamte hätten es im Gedränge schwer
gehabt zu atmen und seien beim Ziehen des Schlagstocks behindert worden.
Ausserdem sei der Seitenspiegel eines Polizeiautos zu Bruch gegangen. Es
gab dann auch 250 vorübergehende Festnahmen – angeklagt wurden aber nur
Tannie Nyboe und Stine Gry Jonassen.
Man wolle an ihnen wohl ein Exempel statuieren, hatte Jonassen das schon im
vergangenen Jahr kommentiert: "Wenn du es wagst, offen für deine kritische
Haltung zu stehen, wird alles getan werden, dich mundtot zu machen." Man
versuche so nachträglich die ganze globale Klimabewegung zu
kriminalisieren. Tadzio Müller von "Climate Justice Action" spricht von
einem "absurden Urteil" und Høyer fragt: "Wer wagt in Zukunft noch sich an
der der Organisation einer friedlichen Demonstration zu beteiligen, wenn er
dann doch unter Gewaltvorwurf verurteilt werden kann?"
Der Anwalt würde wegen der seiner Meinung nach unklaren Rechtslage gern
Revision gegen das Urteil einlegen. Doch wegen der persönlichen – "Wir
wissen nicht, ob wir noch mehr Zeit unseres Lebens darauf verwenden
sollen", so Jonassen – und der finanziellen Belastung für seine
Mandantinnen sei das noch offen.
3 Jun 2011
## LINKS
[1] http://www.climate-justice-action.org/
## AUTOREN
Reinhard Wolff
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