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# taz.de -- EU-Parlament fordert Umweltbilanzen: Schritt für Schritt zum Ökos…
> Künftig müsse auch der wirtschaftliche, soziale und ökologische
> Fortschritt gemessen werden, so das Europaparlament. Dies werde bisher
> "irreführend" dargestellt.
Bild: Wachstum ja – aber wie? Das will Europa jetzt klären.
BRÜSSEL taz | Mitten in der Schuldenkrise stellt das Europaparlament einen
Grundpfeiler der europäischen Wirtschaftspolitik in Frage. Das
Bruttoinlandsprodukt (BIP), mit dem die Wirtschaftsleistung eines Landes
gemessen wird, sei nicht mehr zeitgemäß und müsse durch neue Indikatoren
ergänzt werden, heißt es in einem Bericht, den das Parlament gestern in
Straßburg verabschiedet hat.
Künftig müsse auch der wirtschaftliche, soziale und ökologische Fortschritt
gemessen werden, heißt es in dem Bericht. Die EU-Kommission wird
aufgefordert, geeignete Indikatoren zu entwickeln.
"Die bisherige Darstellung des gesellschaftlichen Fortschritts alleine
durch das BIP ist schlicht irreführend", kritisierte der
SPD-Europaabgeordnete und Vorsitzende des Umweltausschusses, Jo Leinen, die
bisher gängige Praxis: "Ein höheres BIP ist nicht automatisch ein
gesamtgesellschaftlicher Gewinn an Lebensqualität." Reparaturmaßnahmen nach
Unfällen und Naturkatastrophen gingen als Gewinn in die BIP-Bilanz ein,
ohne dass die Kosten gegengerechnet würden. Ähnlich äußerte sich die
dänische Konservative Ana Rosbach. In vielen afrikanischen Staaten messe
das BIP zwar den Reichtum an Rohstoffen, nicht jedoch die Armut der
Menschen.
## "Es kann nicht um Träumereien gehen"
Weniger Einigkeit besteht über die Frage, welche Aspekte in ein
alternatives BIP aufgenommen werden sollen. "Wir brauchen Dinge, die von
Eurostat gemessen werden und Jahr für Jahr erhoben werden können", fordert
Rosbach. "Es kann also nicht um Träumereien gehen, etwa jeden Tag Glück und
Sonnenschein." Demgegenüber möchte Leinen auch den sozialen Fortschritt
messen. Auch der Klima- und Umweltschutz, die effiziente Verwendung von
knappen Ressourcen oder die Qualität von Arbeitsplätzen müssten in ein
alternatives BIP eingehen.
Der nun verabschiedete Kompromiss sieht die Erstellung von jährlichen
Umweltbilanzen vor. Die neue "umweltökonomische Gesamtrechnung" sei ein
wichtiger Schritt "vom Bruttosozialprodukt zum Ökosozialprodukt", so
Leinen. Mit der neuen Gesetzgebung würden europaweit einheitliche
Datenerhebungen beispielsweise für Luftemissionen eingeführt, die sich
Schritt für Schritt auf die Bilanzierung von Wasser-, Energie- und
Waldnutzung ausweiten ließen. Die neue Ökobilanz sei ein "wichtiger
Mosaikstein" auf dem Weg zu einem umfassenden Wohlfahrtsindex.
## Auch die OECD und einige Länder arbeiten an Wohlfahrtsindex
An einem solchen Wohlfahrtsindex arbeiten bereits die OECD, die
EU-Kommission und einige Länder wie Frankreich, Großbritannien und
Deutschland. Die EU-Kommission will bis 2012 einen Bericht vorlegen. Man
wolle "Indikatoren bereitstellen, die wirklich das leisten können, was die
Menschen von ihnen erwarten, die also den Fortschritt bei der nachhaltigen
Verwirklichung der sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Ziele
messen", so die Kommission.
Bisher ist davon wenig zu sehen. Gestern legte Kommissionschef José Manuel
Barroso einen Bericht zur Wirtschaftspolitik in den 27 EU-Staaten vor. Die
meisten Länder müssten mehr sparen, forderte Barroso. Dass dies oft auf
Kosten des sozialen und wirtschaftlichen Fortschritts geht, verschwieg er.
8 Jun 2011
## AUTOREN
Gert Stuby
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