# taz.de -- Nord- und Ostseee verdreckt: Mehr Schutz vor Schmutz | |
> Der ökologische Zustand von Nord- und Ostsee ist bedenklich, ergeben neue | |
> Untersuchungen. Müll und Schadstoffe gefährden Fauna und Flora vor | |
> deutschen Küsten. | |
Bild: Gefahr für das Ökosystem: Plastikmüll auf Memmert | |
HAMBURG taz | Von dem angestrebten "guten Zustand" sind Nord- und Ostsee | |
noch weit entfernt. Der ökologische Zustand der beiden Meere vor den | |
deutschen Küsten ist mindestens bedenklich, einige Bereiche sind bereits | |
schwer geschädigt. "Große Teile der Ostsee sind biologisch tot", stellte | |
Fritz Holzwarth vom Bundesumweltministerium am Dienstag in Hamburg klar. | |
Auf dem 21. Meeresumweltsymposium des Bundesamtes für Seeschifffahrt und | |
Hydrographie (BSH) diskutieren zwei Tage lang fast 500 Fachleute aus | |
Wissenschaft, Verbänden und Behörden über "Meere der Zukunft - Zukunft der | |
Meere". Und die Bestandsaufnahme am gestrigen Dienstag ergab dringenden | |
Handlungsbedarf. | |
So ergaben Untersuchungen von 72 deutschen Küstengewässerabschnitten, dass | |
nur einer als ökologisch gut zu bewerten ist. Zwei Drittel der Gebiete an | |
der Nordsee gelten als "mäßig", der Rest als "unbefriedigend" oder | |
"schlecht". Noch schlimmer steht es um die Ostsee: zwei Drittel sind in | |
schlechtem Zustand, ein Drittel wird mit "mäßig" bewertet, urteilt das | |
Warnemünder Leibniz-Institut. | |
Die wesentlichen Ursachen sind zu hohe Nährstoffeinträge - vor allem | |
Phosphor und Nitrate - aus der Landwirtschaft und Kläranlagen. Demzufolge | |
liegen die Konzentrationen direkt vor den Küsten 50- bis 70-mal so hoch wie | |
in der offenen See. Besonders bedenklich ist die Situation in der | |
Flensburger und Kieler Förde und in der Lübecker Bucht. | |
Dazu passt, dass eine Expedition der Umweltorganisation Oceana vor einem | |
Monat im Kattegat und Öresund zwischen Dänemark und Schweden zahlreiche | |
tote Flächen am Meeresgrund fotografiert hatte. "Viele der Flächen sind | |
durch Umweltgifte und die gewaltigen Grundschleppnetze zerstört worden", | |
berichtete Projektleiterin Anne Schröers. | |
Sie forderte neben dem Verbot brutaler Fangmethoden vor allem die | |
Ausweitung der Schutzzonen in der Ostsee. Bisher umfassen sie nur zwölf | |
Prozent der Meeresfläche. Oceana tritt für eine Verdoppelung bis | |
Verdreifachung ein. | |
Das zweite große Problem ist der Zivilisationsmüll. Nach Berechnungen des | |
Umweltbundesamtes werden weltweit mehr Tonnen Müll ins Meer gekippt als | |
Fisch gefangen. Allein die Ostseebäder an der Lübecker Bucht geben jährlich | |
mehr als eine Million Euro aus, um ihre Strände von angeschwemmten | |
Kanistern, Plastiktüten oder Getränkedosen zu säubern. | |
Vor allem die Kunststoffe sind eine Gefahr für Fische, Seevögel und | |
Meeressäuger: Sie zerbröseln, sind oft giftig und beim Verschlucken nicht | |
selten tödlich. | |
Deshalb hat der Naturschutzbund (Nabu) im Mai zusammen mit den | |
Fischereigenossenschaften in Heiligenhafen und Burgstaaken am Fehmarnsund | |
das Pilotprojekt "Fishing for Litter" gestartet. Die Fischer werfen Abfall, | |
der sich ihren Netzen verfängt, nicht mehr über Bord, sondern bringen ihn | |
an Land. In beiden Häfen kann der Müll in Kooperation mit dem Dualen System | |
"umweltgerecht und kostenlos entsorgt werden", wie Malte Siegert vom Nabu | |
auf dem Meeressymposium berichtete. | |
Auf dem Weg zum geforderten "guten Zustand" der Meere sei das an der Ostsee | |
einzigartige Projekt "eine simple, aber effektive Idee", findet Siegert. | |
7 Jun 2011 | |
## AUTOREN | |
Sven-Michael Veit | |
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