# taz.de -- Kommentar Scheitern des Kioto-Protokolls: Ein Fall für die Geschic… | |
> Das Klimaschutzabkommen von Kioto starb mehrere Tode. Wer die Schuld | |
> daran bei den anderen sucht, ignoriert die Realität. Jetzt braucht es ein | |
> neues Abkommen. | |
Wer einen Beweis sucht für ein Leben nach dem Tod, findet ihn im | |
Kioto-Protokoll. Denn das bislang einzige Klimaschutzabkommen der | |
Geschichte war eine Totgeburt, noch toter beim Ausstieg der USA und | |
schließlich mausetot nach dem gescheiterten Klimagipfel von Kopenhagen. | |
Man kann die Schuld bei allen Ländern suchen, die an Kioto nie geglaubt | |
haben (wie die USA), es immer torpediert haben (wie die Ölstaaten), es | |
immer als Freibrief für die eigenen Emissionen betrachtet haben (wie China | |
und andere Schwellenländer) oder die immer auf der Suche nach | |
Schlupflöchern waren (wie eigentlich alle). | |
Diese Sicht der beleidigten Leberwurst ist verständlich, vor allem mit | |
europäischem und deutschem Blick. Aber wer so denkt, ignoriert die | |
Realität. Und das ist auch beim Klimaschutz keine gute Strategie. Seit dem | |
Kioto-Jahr 1997 hat sich die Welt dramatisch verändert: Die Schwellenländer | |
sind Großmächte und Klimasünder ersten Ranges geworden, die Globalisierung | |
hat die Machtbalance der Welt verändert und der ungebremsten Raubwirtschaft | |
mit den Ressourcen freie Fahrt eingeräumt. Gleichzeitig aber haben grüne | |
Technologien einen Aufschwung erfahren, der eine weltweite | |
Energieversorgung ohne fossile Brennstoffe tatsächlich vorstellbar macht. | |
Vor diesem Hintergrund ist das Kioto-Protokoll tatsächlich ein Fall für die | |
Geschichtsbücher. Ein neues Abkommen muss alle großen Verschmutzer | |
einbeziehen, Emissionen drastisch reduzieren, den armen Ländern helfen, im | |
Klimawandel zu überleben, und gleichzeitig den Reichen genug Reichtum | |
lassen, damit sie mitziehen. Ob das dann Kioto II oder anders heißt, ist | |
egal. Wichtig ist, dass hinten nicht mehr rauskommt. | |
Jedes Klimaabkommen ist eine Wette mit der Zeit. Die aber haben wir beim | |
Klimawandel nicht, weil die Emissionen rapide zunehmen. Das Dramatische ist | |
nicht das Ende eines politischen Konstrukts, das nie wirklich funktioniert | |
hat, sondern dass die Welt wieder ein Jahrzehnt verliert. Was dagegen zu | |
tun ist, zeigen tatsächlich wir Deutschen derzeit der staunenden Welt: den | |
Ausstieg aus nuklearen und fossilen Energieformen und den Weg zur | |
erneuerbaren Vollversorgung. Man sollte also weder das Thema Klima noch die | |
Energiewende abhaken. Im Gegenteil: Der ernsthafte Kampf gegen den Hunger | |
und den Klimawandel in der Welt geht gerade erst los. | |
16 Jun 2011 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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