# taz.de -- Mindestlöhne in Schleswig-Holstein: "Es geht nicht um 5 Euro" | |
> Der FDP-Politiker und Sozialminister in Schleswig-Holstein, Heiner Garg, | |
> spricht sich für Mindestlöhne aus. Seine Partei stehe dem Thema langsam | |
> offener gegenüber | |
Bild: FDP prescht vor: Der schleswig-holsteinische Sozialminister Heiner Garg w… | |
taz: Herr Garg, Sie fordern völlig FDP-untypisch Mindestlöhne. Woher diese | |
neue Begeisterung? | |
Heiner Garg: So neu ist die nicht, aber als Minister und stellvertretender | |
Ministerpräsident bin ich in der privilegierten Lage, dass man manchmal | |
zuhört, wenn ich etwas sage. Meine Auffassung ist seit langem, dass ein | |
Mensch, der täglich acht Stunden arbeitet, davon leben und eine Familie | |
ernähren können muss. Und wenn ein Unternehmen sich darauf verlässt, dass | |
der Staat niedrige Löhne dauerhaft aufstockt, ist das | |
Wettbewerbsverzerrung. Das will ich pragmatisch lösen. Bis jemand die | |
fliegende Wollmilchsau erfindet, die alle Probleme beseitigt, heißt das | |
Instrument Lohnuntergrenzen. | |
Sie sagen, 2 Euro Stundenlohn seien weder sozial noch liberal. Ab welcher | |
Summe wird es denn sozial und liberal? | |
Es gibt Ökonomen, die die Grundsicherung als Untergrenze ansehen, dies | |
reicht aber möglicherweise als Steuerungsinstrument nicht aus. Andererseits | |
finde ich es auch unredlich, Zahlen zu nennen. Es geht aber sicher weder um | |
2 noch um 5 Euro. | |
In Schleswig-Holstein sind Sie vorgeprescht und haben für das | |
Bäckerhandwerk die tariflich ausgehandelten Lohnuntergrenzen für | |
allgemeinverbindlich erklärt - der Idealfall? | |
Die Tarifpartner haben sich verständigt, und ich habe das Ergebnis auf die | |
nichttarifgebundenen Betriebe ausgeweitet. Schwierig wird es in Branchen, | |
in denen die Tarifautonomie nicht mehr gelebt wird. Hier braucht es ein | |
Instrument, das die Tarifverhandlung simuliert, beispielsweise eine | |
Lohnfindungskommission. | |
In der FDP haben sie mit dieser Meinung sicher eine breite Front gegen | |
sich? | |
Meine Partei hat das Thema in der Vergangenheit gelegentlich zu dogmatisch | |
behandelt, ich werbe für eine Debatte. Eine breite Front spüre ich nicht, | |
aber natürlich grummelt der ein oder andere, dass der Garg wieder was | |
aufgreift, was nicht Parteilinie ist. Aber ich merke, dass gerade jüngere | |
Abgeordnete offen sind, konstruktiv zu diskutieren. Es wird möglicherweise | |
so nicht im nächsten Grundsatzprogramm stehen, aber die Debatte läuft | |
besser, als ich es mir vor einigen Jahren erhofft habe. | |
Die FPD steckt in der Krise - ist sie daher diskussionsbereiter? | |
Man kann ja Medienschelte betreiben oder alles auf den Koalitionspartner | |
schieben, aber man muss sich als Partei auch fragen, ob die Angebote | |
stimmen und ob man bei allen Themen auf der Höhe der Zeit ist. | |
Zum Beispiel in der Energiepolitik? | |
Der Landesverband hat 2006 beschlossen, am rot-grünen Energiekonsens | |
festzuhalten. Ich will nicht nachtreten, aber ein kleines Augenzwinkern | |
darf sein: Einiges, was wir im Norden sagen, ist vielleicht nicht verkehrt. | |
Täuscht das oder tickt die FDP Schleswig-Holsteins mit Wolfgang Kubicki an | |
der Spitze anders? | |
Wolfgang Kubicki legt übrigens Wert darauf, dass er schon in den 1980er | |
Jahren in Brokdorf demonstriert hat. Jenseits davon: Ich glaube, das | |
Besondere ist, dass die Partei Spielraum für Meinungen bietet, die Chance, | |
etwas auszuprobieren. Das hat mich auch überzeugt, als ich vor über 20 | |
Jahren eintrat: Die FDP war die Partei, die am wenigsten rechthaberisch | |
auftrat. Wenn wir wieder dahin kommen, dass die Menschen unser Angebot als | |
Diskussionsgrundlage verstehen, ist mir um die FDP nicht bange. | |
16 Jun 2011 | |
## AUTOREN | |
Esther Geisslinger | |
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