# taz.de -- Die Kachelmann-Schlammschlacht: "Der Kampf fängt erst an" | |
> Jetzt hat auch Jörg Kachelmanns Exgeliebte Claudia D. ein Interview | |
> gegeben. Zuvor hatte der Moderator mit der "Zeit" und der "Weltwoche" | |
> gesprochen. | |
Bild: Claudia D, bisher immer nur verpixelt, mit Sonnenbrille oder versteckt hi… | |
Juristisch ist der Fall vorerst beendet - für den freigesprochenen | |
Moderator Jörg Kachelmann aber geht der Kampf in der Öffentlichkeit weiter. | |
Das Duell zwischen ihm und seiner Exgeliebten wurde nun aus dem | |
Gerichtssaal in die Medien verlegt. | |
Nachdem Kachelmann vergangene Woche der Zeit ein ausführliches Interview | |
gab, äußerte sich nun erstmals die Nebenklägerin in der gestern | |
veröffentlichten Bunten und zeigt ihr Gesicht. Bisher war Claudia D. nur | |
verpixelt, mit Sonnenbrille oder versteckt hinter Büchern in der | |
Öffentlichkeit zu sehen. Und genau wie der Wettermoderator nutzt auch sie | |
die Presse für eine Abrechnung mit der Justiz, den Medien und ihrem | |
Exgeliebten, den sie ein "Monster" und "Soziopathen" nennt. | |
Das Gericht habe ihr mit seinem Freispruch unterstellt "so dumm und | |
niederträchtig sein zu können, eine solche Vergewaltigungsgeschichte zu | |
erfinden", sagt die 38-Jährige. Sie hält an ihrem Vorwurf fest, Kachelmann | |
habe sie bedroht und missbraucht. Das Landgericht Mannheim hatte den | |
Moderator im Mai freigesprochen - aus Mangel an Beweisen. | |
Während sich die Beteiligten gegenseitig der Lüge bezichtigen, sind sie | |
sich in einem einig: in der Kritik am Rechtssystem. Wie schon im | |
Zeit-Interview wettert Kachelmann ebenfalls gestern im Gespräch mit | |
Weltwoche-Chefredakteur Roger Köppel über die "deutsche Gaga-Justiz" und | |
stellt die Mannheimer Staatsanwälte als eine "Gefahr für den Rechtsstaat" | |
dar, als "durchgeknallt". Die Justiz sei "pervertiert", denn: "Ich wusste, | |
dass das Gericht alles unternehmen würde, um mir eine Straftat anzuhängen, | |
die ich nicht begangen hatte." | |
## Deutschland, ein Täterstaat? | |
Für Claudia D. ist Deutschland "ein Täterstaat", in dem man sich "mit Geld | |
freikaufen" könne. "Ich würde jeder Frau abraten, ihren Peiniger | |
anzuzeigen, wenn dieser reich ist und sich mit Geld freikaufen kann", sagt | |
die Frau der Illustrierten. Die widmet der Geschichte ganze zwölf Seiten | |
plus Editorial von Chefredakteurin Patricia Riekel. Wie viel diese | |
Geschichte dem Magazin wert war, darüber wird geschwiegen. | |
Pikant an den Interviews ist besonders, dass die Bunte und Die Zeit schon | |
vorab für ihre meinungsstarke Berichterstattung kritisiert wurden. Vor | |
allem die Bunte ergriff die Rolle der Ermittler und hat schon mehreren | |
Exgeliebten Kachelmanns ein ausführliches Forum samt Titel geboten. Das | |
Gericht hatte die - teilweise mit 50.000 Euro hochbezahlten - Interviews | |
verschiedener Zeuginnen kritisiert. | |
So ist es nicht verwunderlich, dass die Bunte das Medium sein würde, das | |
sich Claudia D. als Sprachrohr aussucht. Bereits nach dem Freispruch stand | |
für Chefredakteurin Riekel fest: "Der Kachelmann-Prozess wird viele Frauen | |
abschrecken, erzwungene Sexualität in einer Beziehung, wie immer sie | |
geartet ist, anzuzeigen. Denn in einem Prozess wird ihr vielleicht nicht | |
nur nicht geglaubt, sondern sie wird zur rachsüchtigen Täterin | |
stigmatisiert. Man fragt sich nach diesem Prozess: Was mag für eine Frau | |
schlimmer sein - eine Vergewaltigung oder der Spießrutenlauf danach?" | |
## Nach dem Schweigen der verbale Krieg | |
Auch überrascht es nicht, dass Kachelmann mit der Zeit sprach. Sabine | |
Rückert, Gerichtsreporterin des Wochenmagazins, arbeitete eng mit | |
Kachelmanns Verteidiger zusammen und berichtete auffällig tendenziös | |
zugunsten des Angeklagten. | |
Nachdem beide während des Prozesses durch Verschwiegenheit auffielen, | |
scheinen sie ihre Strategie nun geändert zu haben und starten nun den | |
verbalen Krieg. Doch der Wahrheitsfindung dienen all diese Interviews | |
nicht. "Der Kampf fängt erst an", so Kachelmann zur Schweizer Weltwoche. | |
"Wenn ich mich nicht wehre, wird das, was mir passiert ist, zum Muster für | |
alle durchgeknallten Frauen dieser Welt, die Männern etwas anhängen wollen, | |
aus welchen Gründen auch immer", schimpft der Moderator. "Wer mich und ihn | |
kennt, zweifelt keine Sekunde daran, dass ich mir diesen Wahnsinn nicht | |
ausgedacht habe. Ich bin keine rachsüchtige Lügnerin", erwiderte dagegen | |
die Nebenklägerin in der Bunten. | |
Schon das Gericht hatte kapituliert und das vermeintliche Opfer und den | |
mutmaßlichen Vergewaltiger mit den Worten entlassen, dass einer der beiden | |
Menschen schwere Schuld auf sich geladen habe - entweder durch eine brutale | |
Tat oder eine schwerwiegende Verleumdung. | |
16 Jun 2011 | |
## AUTOREN | |
Cigdem Akyol | |
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