# taz.de -- Denkmalgeschütztes Gebäude verfällt: Sparen mit Abriss | |
> Eine Baugenossenschaft lässt ein denkmalgeschütztes Gebäude in Altona | |
> verfallen. Ein Neubau, heißt es, ermögliche sozialverträglichere Mieten. | |
Bild: Verfällt vor sich hin: das Eckhaus Braunschweiger Straße 7. | |
Das Eckhaus in der Braunschweiger Straße zur Winterstraße, gleich hinter | |
dem Altonaer Museum, ist eine kleine Augenweide. Ein Haus, 1901 erbaut, das | |
sich genau in der Mitte ansiedelt zwischen dem später überladenen | |
Jugendstil und der klassizistischen Strenge, die sich ringsum findet. Ein | |
Haus auch, dass an Sommer, an Süden denken lässt. Wer weiß: Weil der | |
Schweifgiebel, die Rundbögen der Fenster und der gelbe Anstrich dem Gebäude | |
eine zitronenfalterhafte Beschwingtheit verleihen? | |
Gewichtiger ist allerdings jene Ungewissheit, die die Zukunft des Eckhauses | |
betrifft. Seit mehreren Jahren steht es leer und verfällt. Dabei hat es das | |
Denkmalschutzamt 2010 unter Schutz gestellt. Eigentümer des Gebäudes ist | |
die Baugenossenschaft freier Gewerkschafter (BGFG), die es 2007 erwarb - | |
auf Abriss, wie es aus Denkmalschutzkreisen heißt. | |
Peter Kay aus dem Vorstand des BGFG weist diesen Vorwurf zurück. Gekauft | |
habe die BGFG das Haus mit der Idee, die alte Vermietung zehn bis 15 Jahre | |
weiterlaufen zu lassen. Das sei aber nicht praktikabel gewesen, da | |
erhebliche Mängel am Bau festgestellt wurden: undichter Dachstuhl, | |
angefaulte Deckenbalken, Pilzbildung, Holzbock - das ganze Programm. Unter | |
diesen Umständen sei dann ein sofortiger Abriss günstiger erschienen, sagt | |
Kay. | |
Der ist durch den Denkmalschutz gebremst worden - aber nicht abgewendet. | |
Zwar lässt sich im Geschäftsbericht 2009 der BGFG nachlesen, dass bereits | |
fürs Jahr 2010 "der Beginn der Kernsanierung des Wohnhauses in der | |
Braunschweiger Straße 7 vorgesehen" war und dass "die Gesamtkosten dieser | |
Baumaßnahme mit rund 1,1 Millionen Euro veranschlagt" wurden. | |
Nur ist davon heute nicht mehr die Rede. Nun spricht Kay von einem | |
Abwägungsprozess: "Wollen wir ein Kulturdenkmal erhalten, oder wollen wir | |
mit einem Neubau sozialverträgliches Wohnen in Altona ermöglichen?" | |
Denn ein Abriss, sagt Kay, brächte mehr Fläche, zudem ließe sich auch | |
bequem die Baulücke schließen, die sich zwischen dem Eckhaus und einem | |
Bauriegel der BGFG Richtung Museumsstraße auftut. Eine denkmalgerechte | |
Sanierung liefe hingegen auf "Mietwohnungen fürs Luxussegment" hinaus - | |
allerdings ist eine Neubau-Miete mit 12 Euro Netto-Kalt beim BGFG auch | |
nicht gerade günstig. | |
Mit dieser Argumentation ist nun der BGFG erneut in Verhandlungen mit dem | |
Denkmalschutzamt gegangen. Durchs Dach regnet es derweil immer noch, die | |
Schäden am Haus vergrößern sich, die Sanierung wird damit von Tag zu Tag | |
teurer und das Argument der BGFG stichhaltiger. | |
Allerdings ließe sich fragen, ob nicht eine verantwortungsbewusste | |
Genossenschaft beides unter einen Hut bekommen sollte: die Wahrung des | |
öffentlichen Werts der Baugeschichte und sozialverträgliche Mieten für ihre | |
Mitglieder. Klar, dafür müsste die BGFG in die Tasche greifen. Aber bei | |
einem im Geschäftsbericht vermerkten Gesamtvermögen von 277,5 Millionen | |
könnte das schon drin sein. | |
28 Jun 2011 | |
## AUTOREN | |
Maximilian Probst | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |