# taz.de -- Gutschein für Arbeitslose: Private Arbeitsvermittlung? Ungenügend! | |
> Mit Hilfe privater Vermittler sollen Menschen wieder in Jobs kommen. Doch | |
> für die Hälfte endet der Ausflug in die Arbeitswelt schon nach einem | |
> halben Jahr. | |
Bild: Mangelnde Arbeitsvermittlung: Mehr als die Hälfte der Betroffenen haben … | |
BERLIN taz | Private Arbeitsvermittler sollen Menschen in Jobs bringen - | |
und dort sollen sie dann möglichst lange bleiben. Doch jedes zweite durch | |
Vermittlungsgutscheine zustande gekommene Arbeitsverhältnis ist nach einem | |
halben Jahr wieder beendet. In vier von zehn Fällen erfolgt die Vermittlung | |
zudem in die Leiharbeit. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf | |
eine Anfrage der Linkspartei hervor, die der taz vorliegt. | |
Vermittlungsgutscheine werden von den Jobcentern an Arbeitslose ausgegeben. | |
Diese suchen sich dann einen privaten Dienstleister, der ihnen Arbeit | |
beschaffen soll. Eine voll sozialversicherungspflichtige Beschäftigung von | |
mindestens 15 Stunden wöchentlich. | |
94 Millionen Euro hat die Bundesregierung den privaten Unternehmen dafür im | |
Jahr 2010 bezahlt. Aus den Daten, die die Regierung jetzt vorgelegt hat, | |
geht hevor, dass zwischen Januar und November 2010 54.700 Gutscheine | |
eingelöst wurden - von Beziehern des Arbeitslosengeld I oder II ("Hartz | |
IV"). Doch nur in 28.730 Fällen (52,5 Prozent) wurde nach sechs Monaten | |
Beschäftigungsdauer die 2. Rate bewilligt und von den Jobcenter an die | |
Vermittler bezahlt. | |
## Vor allem Osten landen viele in der Zeitarbeit | |
Die Rate gibt Auskunft darüber, wie nachhaltig die Maßnahme überhaupt | |
wirkt: "Im überwiegenden Teil der Fälle, bei denen es nicht zu einer | |
Zahlung der 2. Rate gekommen ist, ist davon auszugehen, dass das | |
Beschäftigungsverhältnis vor Ablauf von 6 Monaten beendet wurde", schreibt | |
die Bundesregierung. | |
Aufschlussreich sind auch die Angaben, in welche Jobs vermittelt wird. Über | |
5.000 Personen kamen im Handel oder der Instandhaltung und Reparatur von | |
Autos unter, über 4.000 im Bau- und rund 3.500 im verarbeitenden Gewerbe. | |
Aber mit großem Abstand führt die Leiharbeit: Über 22.600 Personen landeten | |
dort, das sind etwa 38 Prozent aller Vermittlungen. Vor allem in Osten | |
boomt der Weg in diese Arbeitsform mit mehr als 14.000 Personen. | |
"Es ist skandalös, dass die Vermittlung in Leiharbeit als moderne Form der | |
Sklaverei auch noch subventioniert wird", sagt Sabine Zimmermann, | |
arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linksfraktion. Für sie gehören die | |
Vermittlungsgutscheine ganz abgeschafft. "Es ist schleierhaft, warum der | |
Beitrags- und Steuerzahler diese private Arbeitsvermittlung mit | |
Milionenbeträgen unterstützen soll." | |
Es geht Zimmermann dabei nicht nur um die prekären | |
Beschäftigungsverhältnisse, die Leute eingehen müssen, oder der in den | |
Augen der Linken insgesamt dürftigen langfristigen Bilanz dieses | |
Instruments. Zimmermann will die Privatisierungstendenzen in der | |
Arbeitsvermittlung am liebsten ganz zurückdrehen und wirbt dafür, dass | |
Jobcenter nur noch in "gute Arbeit" vermitteln: Also nicht mehr in | |
Leiharbeit oder Minijob. | |
## Von der Leyen: Arbeitslose gezielter fördern | |
Doch an diesem Freitag diskutiert der Bundestag in erster Gesetzes-Lesung | |
genau über das Gegenteil. Im Rahmen der Arbeitsmarktinstrumentenreform, die | |
im April 2012 greifen soll, will Bundesarbeitsministerin Ursula von der | |
Leyen (CDU), das Instrument Vermittlungsgutscheine über 2011 hinaus | |
entfristen. Ob es jedoch künftig häufiger zum Einsatz kommt, ist noch | |
unklar: Schließlich sieht die Reform auch vor, dass Empfänger von | |
Arbeitslosengeld I künftig keinen Rechtsanspruch auf die Gutscheine mehr | |
haben. Ob sie gewährt werden, entscheidet dann nur noch der | |
Jobcentermitarbeiter. Bei Hartz-IV-Empfängern ist das bereits heute der | |
Fall. | |
Mit der Gesetzesreform will von der Leyen Arbeitslose gezielter fördern, | |
zudem den unübersichtlichen Dschungel der zahlreichen Instrumente lichten. | |
Vor allem aber muss gespart werden: 8 Milliarden Euro weniger sollen die | |
Jobcenter zwischen 2012 und 2015 ausgeben. Sie sollen so ihren Beitrag zum | |
Sparpaket leisten, das die Bundesregierung im Sommer 2010 im Zeichen der | |
Wirtschaftskrise beschlossen hat. | |
Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), das der | |
Bundesagentur für Arbeit angeschlossen ist, teilt die Kritik an den | |
Vermittlungsgutscheinen nicht. Gegenüber dem Ausschuss für Arbeit und | |
Soziales des Bundestags hat das IAB am Donnerstag betont: "Insgesamt wird | |
dem Vermittlungsgutschein im Zeitraum 2003 bis 2005 eine tendenziell | |
positive Wirkung auf die Beschäftigungschancen von Arbeitslosen | |
bescheinigt." | |
Allerdings sei auch nur ein Zehntel der ausgegebenen Gutscheine in den | |
letzten Jahren tatsächlich eingelöst worden. Im Vergleich zu den anderen | |
Möglichkeiten, private Dritte in die Vermittlung einzubeziehen, sei der | |
Gutschein "quantitativ von eher geringer Bedeutung". | |
30 Jun 2011 | |
## AUTOREN | |
Eva Völpel | |
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