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# taz.de -- Fünf Jahre Haft: Ehemaliger Kika-Manager verurteilt
> Er hat Millionen GEZ-Gebühren verzockt: Dafür wurde ein ehemaliger
> Herstellungsleiter des Kinderkanals Kika vom Landgericht Erfurt zu fünf
> Jahren und drei Monaten Haft verurteilt.
Bild: War in letzter Zeit mehr wegen Betrug in den Medien als wegen des Fernseh…
ERFURT dpa | Im bislang größten Betrugsskandal des öffentlich-rechtlichen
Rundfunks muss der ehemalige Kika-Manager fünf Jahre und drei Monate ins
Gefängnis. Das Landgericht Erfurt verurteilte den 44-Jährigen am Dienstag
wegen Bestechlichkeit und Untreue. Der einstige Herstellungsleiter des
ARD/ZDF-Kinderkanals Kika hatte gestanden, mit Scheinrechnungen bei dem
Erfurter Sender eine Millionensumme veruntreut zu haben - das [1][Geld
verspielte er großteils im Casino]. Das Urteil ist noch nicht
rechtskräftig.
Als strafmildernd werteten die Richter das Geständnis des Angeklagten und
seine Spielsucht, die ein ausschlaggebender Faktor für die Tat gewesen sei.
Die Verantwortung liege dennoch in erster Linie bei dem Kika-Manager
selbst, sagte der Vorsitzende Richter Thomas Schneider. "Die Taten haben
Sie sich ausgedacht und über Jahre geschickt eingefädelt." Der 44-Jährige
solle zügig eine Therapie beginnen, appellierte Schneider.
Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor eine Haftstrafe von sechs Jahren und
acht Monaten gefordert, die Verteidigung wegen Untreue dagegen auf eine
Freiheitsstrafe von nicht mehr als dreieinhalb Jahren plädiert. Sie gab dem
federführenden MDR eine erhebliche Mitschuld: Es habe faktisch kein
internes Kontrollsystem gegeben, kritisierte Verteidigerin Doris Dierbach
in ihrem Schlusswort.
Mit dem Urteil sei ein weiterer wichtiger Schritt zur Aufarbeitung des
Betrugsfalles getan worden, sagte Steffen Kottkamp,
Kika-Programm-Geschäftsführer, in einer ersten Reaktion. Nun könne man sich
wieder mit ganzer Kraft den eigentlichen Aufgaben zuwenden, nämlich ein
gutes Kinderprogramm zu machen.
## Augen fest verschlossen
Verteidigerin Dierbach erklärte, der Umstand, dass der Angeklagte über
Jahre unbemerkt Gelder abzweigen konnte, sei ein Ansehensverlust für den
öffentlich-rechtlichen Rundfunk, den sich der MDR selbst zuzuschreiben
habe. Auch der langjährige Programmgeschäftsführer des Kinderkanals und
jetzige NDR-Fernsehdirektor Frank Beckmann sei seiner Verantwortung nicht
nachgekommen, sagte Dierbach. Hinweise auf häufige Spielbankbesuche hätten
dem Vorgesetzten Alarmzeichen seien müssen. Zugleich habe das Erfurter
Casino versäumt, den Angeklagten zu sperren. "Es gab viele Stellen, die die
Augen fest verschlossen hatten", sagte die Verteidigerin.
Auch Staatsanwalt Frank Riemann erklärte, Schwachstellen bei internen
Kontrollen und die Strukturen beim Kikaa hätten die kriminellen
Machenschaften begünstigt. Der Angeklagte habe außerdem eine erhebliche
kriminelle Energie zur Verschleierung seiner Taten an den Tag gelegt. "Er
hat sich ständig für die Verletzung seiner Dienstpflicht bezahlen lassen",
sagte der Staatsanwalt. Zugleich habe er einen aufwendigen Lebensstil mit
zwei Wohnungen, Reisen und VIP-Karten gepflegt.
Der Angeklagte hatte eingeräumt, von 2005 bis 2010 Rechnungen von 4,6
Millionen Euro ohne Gegenleistung zur Zahlung an eine Berliner
Produktionsfirma angewiesen zu haben. Das Geld teilte er sich nach eigener
Aussage mit der inzwischen insolventen Firma. Der MDR geht seit 2002 von
einem Schaden von 8,2 Millionen Euro aus. Die früheren Fälle sind
juristisch jedoch verjährt. Der frühere Kika-Manager gab ein notariell
bekundetes Schuldanerkenntnis in Höhe von 6,7 Millionen Euro ab. "Das
Spielen hat meine wirtschaftliche Existenz ruiniert", sagte er abschließend
vor Gericht und entschuldigte sich erneut für seine Taten.
5 Jul 2011
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