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# taz.de -- Handy eines toten Mädchens angezapft: "News of the World" im Jense…
> Ein britisches Boulevardblatt soll mit Hilfe eines Privatdetektivs das
> Telefon eines ermordeten Mädchens angezapft haben. Die Polizei wurde in
> die Irre geführt.
Bild: "Erschüttert und entsetzt": Rebekah Brooks ist heute Geschäftsführerin…
DUBLIN taz | Das hat man selbst der News of the World nicht zugetraut. Das
britische Boulevardblatt hat mit Hilfe des Privatdetektivs Glenn Mulcaire
im Jahr 2002 die Handy-Mailbox eines vermissten und später tot
aufgefundenen Mädchens angezapft.
Er löschte sogar Nachrichten, weil er Platz für neue schaffen wollte, um an
weitere Informationen zu gelangen. Die Eltern von Milly Dowler glaubten,
dass ihre Tochter noch am Leben sei und die Nachrichten selbst gelöscht
habe. Die Polizei wurde dadurch ebenfalls in die Irre geführt. Der Mörder
der damals 13-Jährigen ist vorigen Monat zu lebenslanger Haft verurteilt
worden.
Die Polizei untersucht nun jeden Fall von Kindesmord und Entführung seit
2001. Es gibt Hinweise, dass auch die Telefone anderer ermordeter Mädchen
und ihrer Eltern angezapft wurden. Die Angehörigen der Terroranschläge von
London gestern vor sechs Jahren sind ebenfalls Opfer des Hackers geworden.
Mulcaire hat seine Aktivitäten auf 11.000 Seiten festgehalten.
Er entschuldigte sich am Dienstag öffentlich. "Für die News of the World zu
arbeiten, war nie einfach", sagte er. "Man stand unaufhörlich unter Druck,
es wurden ständig Ergebnisse verlangt." Mulcaire und der Königshausreporter
Clive Goodman sind Anfang 2007 zu mehrmonatigen Gefängnisstrafen verurteilt
worden, weil sie die Telefone von Mitgliedern des königlichen Haushalts
angezapft hatten.
Seitdem ist die Polizei im Besitz von Mulcaires Aufzeichnungen. "Was den
Fall so wichtig macht, ist das Verhalten der Polizei", sagte der
Labour-Abgeordnete Chris Bryant. "Sie hatte all diese Informationen seit
damals und hat nichts unternommen." Untersucht wird nun auch, weshalb
zwischen 2003 und 2007 hochrangige Polizeibeamte auf der Gehaltsliste der
News of the World standen.
## Regierungschef unter Druck
Regierungschef David Cameron sagte am Dienstag, er sei von den Berichten
schockiert. Er selbst ist auch unter Druck geraten: Andy Coulson war
zwischen 2003 und 2007 Chefredakteur des Blattes. Danach machte ihn Cameron
zu seinem Kommunikationschef. Coulson musste wegen der Abhöraffäre im
Januar zurücktreten.
Seine Vorgängerin bei der News of the World, Rebekah Brooks, ist heute
Geschäftsführerin bei News International, dem Medienimperium von Rupert
Murdoch. Sie sei "erschüttert und entsetzt" über die Vorwürfe, sagte sie in
einer Erklärung an die Mitarbeiter. Sie habe davon nichts gewusst. Am
Dienstag sagte Paul McMullan, damals Reporter der Zeitung: "Natürlich
wusste sie Bescheid."
Die britische Öffentlichkeit reagierte entsetzt auf die Enthüllungen über
die angezapften Telefone der ermordeten Mädchen. Hatte man es noch relativ
gelassen hingenommen, dass die Telefone von Mitgliedern des königlichen
Haushalts und anderen Prominenten abgehört wurden, gibt es nun im Internet
und über Twitter zahllose Boykottaufrufe. Unternehmen wie Ford, Halifax,
T-Mobile und Orange haben ihre Werbeanzeigen zurückgezogen.
Für Murdoch könnte der Skandal ebenfalls Folgen haben. Er versucht zurzeit,
die 61 Prozent am Fernsehsender BSkyB, die ihm noch nicht gehören, für rund
8 Milliarden Pfund zu kaufen. Die Aufsichtsbehörde Ofcom prüft, ob die
Spitze von News International, allen voran Brooks, geeignet sei, einen
solch mächtigen Sender zu führen. Bis jetzt steht Murdoch noch zu Brooks.
6 Jul 2011
## AUTOREN
Ralf Sotschek
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