# taz.de -- Arrangiertes Naturparadies Lake Powell: Geflutete Canyons | |
> Die verwinkelten Buchten des Lake Powell in Arizona laden ein zu | |
> Liebesabenteuern und Alltagsfluchten. Der Lake Powell ist der zweitgrößte | |
> Stausee in den USA. | |
Bild: Ein Blick in den Glenn Canyon - bizarr und einmalig schön. | |
Es gibt Reisen, die macht - oder machte - man nur einmal im Leben. Einfach | |
deshalb, weil sie die Kulisse für etwas ganz Besonderes, Einmaliges sein | |
sollen. Der Klassiker hierfür ist die Hochzeitsreise. Doch bei der heutigen | |
Unübersichtlichkeit mit ihrem Lebensabschnittsgefährtenwesen und | |
Patchworking an allen Ecken ist diese Einmaligkeit nicht mehr garantiert. | |
Manche Menschen bringt das in den Genuss gleich mehrerer Hochzeitsreisen. | |
Jenseits aller bürgerlichen Konventionen aber gibt es - schon immer - die | |
Liebesreise. Sie pfeift auf das Brimborium, sie ist kein Versprechen, | |
sondern Erfüllung, kein Siegel, sondern Abenteuer. Vielleicht sind | |
Liebesreisen deswegen oft auch ein bisschen verrückt. Und wie schön, wenn | |
das Verrückte der frischen Liebe auch noch eine geografische Entsprechung | |
findet. | |
Ein Ort, der wie wenige Orte Grandioses und Bequemes, Verrücktes und | |
Umschmeichelndes mischt, ist der Lake Powell weit hinten im amerikanischen | |
Westen. Wenige Bewegungsarten dürften für ein glücklich liebend Paar des | |
21. Jahrhunderts romantischer sein als das Tuckern und Schaukeln, das | |
Brausen und Ankern auf einem der berühmten Hausboote. Sie erst machen den | |
Lake Powell zu einem „lake of love“. | |
Der See liegt über 1.000 Meter hoch, er ist fast 300 Kilometer lang, seine | |
Küste länger als die amerikanische Westküste. Sieht man sich ihn auf der | |
Karte oder vom Flugzeug aus an, mag man in ihm eine vielschweifige | |
Wasserschlange erkennen, wie sie von alten Indianerstämmen in die Felsen | |
der Canyons geritzt wurde. | |
## Von Menschenhand gemacht | |
Ebendiesen Canyons verdankt der See seine verästelte Form mit all seinen | |
Buchten. Immerhin 96 solcher Schluchten wurden überflutet, als der Colorado | |
River ab 1963 durch einen Damm am Glen Canyon aufgestaut wurde. Bis 1980 | |
dauerte das, und entstanden ist eine der bizarrsten und abenteuerlichsten | |
Landschaften, die der an Naturschönheiten reiche Westen der USA zu bieten | |
hat. | |
Aber „Naturschönheit“ trifft es natürlich nicht. Denn der Lake Powell ist | |
von Menschen gemacht, ein gigantischer Eingriff in eine aufregende Natur. | |
Ob das ökologisch vertretbar war, ist heute eine müßige Frage. Man hat es | |
damals einfach gemacht. | |
Heute trägt der Lake Powell zur Wasserversorgung bei, erzeugt Strom und | |
schützt vor Überschwemmungen. Immerhin hat man neben dem ökonomischen | |
Nutzen die Natur nicht ganz vergessen: Aus der neu geschaffenen | |
Seenlandschaft wurde ein riesiges Erholungsgebiet. | |
## Ein Touristenmagnet | |
Der Glen Canyon National Recreation Area zählt jährlich drei Millionen | |
Besucher. Wer je nach Utah (oder Arizona) kommt, muss schon ein sehr harter | |
Großprojektgegner sein, wenn er um dieses Wunderwerk einen Bogen macht. Es | |
wäre, als ließe man den Eiffelturm in Paris links liegen. | |
Wie der Eiffelturm zieht der Lake Powell Liebende in seinen Bann. | |
Vielleicht gibt es ja auch einen Zusammenhang zwischen Liebe und | |
Monumentalität: Bis zum Himmel reicht unsere Liebe, Berge versetzt sie - | |
oder versenkt sie. | |
Der verwinkelte Stausee mit seinen vielen verträumten Buchten erscheint wie | |
gemacht für ein Ausbüxen - aus allem, was normal, alltäglich oder | |
vernünftig ist. Dafür, dass das kein Stresstest wird, sorgen jene | |
amerikanisch bequem ausgestatteten Hausboote, wie sie am Yachthafen Wahweap | |
Marina ausgeliehen werden können. | |
## Luxusküche und Whirlpool | |
Die Boote sind 13 bis 23 Meter lang und so luxuriös, dass ein paar Tage auf | |
und mit ihnen getrost als „american dream“ bezeichnet werden können. Wer | |
mit seinem Schatz ein absurd-vergnügliches Jaqueline-&-Onassis-Feeling | |
erleben will, ist hier an der richtigen Adresse: mit Whirlpool und | |
Flachbildschirm auf dem Oberdeck, Luxusküche und Salon, mit Eismaschine, | |
Grill und einem eigenen Super-Power-Schnellboot im Schlepptau. | |
Alles von und für Menschen gemacht, die neue Ufer nicht schrecken, mit | |
einer neu arrangierten Natur, die dennoch seltsam ursprünglich und von | |
allem entrückt erscheint. | |
Denn trotz der Beliebtheit des Riesensees ist man hier einsam. Selten nur | |
tuckert in der Ferne ein anderes Hausboot vorüber oder sitzt auf dem | |
surrealen nackten Fels ein Vögelchen - und wundert sich. Sonst nur rote | |
Gipfel, blaues Wasser und das schneeweiße Boot. Zeit für die Liebe. Zeit, | |
sich zu wundern. | |
Für die Recherche nutzte der Autor eine Einladung der Marketing-Agentur Get | |
It Across | |
9 Jul 2011 | |
## AUTOREN | |
Thomas Pampuch | |
## TAGS | |
Reiseland USA | |
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