# taz.de -- Aktienhändler über Börsengang von Facebook: "Ich würde keine Ak… | |
> Facebook ist eigentlich eine gute Investition, sagt der Aktienhändler | |
> Andreas Herfort. Mit der Dotcom-Blase sei der jetzige Boom nicht zu | |
> vergleichen. Doch engagieren will er sich trotzdem nicht | |
Bild: Facebook-Gründer Mark Zuckerberg freut sich: Er plant im ersten Quartal … | |
taz: Herr Herfort*, Facebook soll mit 100 Milliarden Bewertung an den | |
Aktienmarkt gebracht werden, viele fühlen sich an die Zeit der Dotcom-Blase | |
erinnert. Sie auch? | |
Andreas Herfort*: Nein. Die Situation am Markt heute ist eine andere. | |
Damals ließ sich jede Garagenfirma mit einer Homepage und ".com" im | |
Firmennamen am neuen Markt listen, heute gibt es einen solchen Run auf den | |
Markt nicht. | |
Wie kam es vor über zehn Jahren zur Überbewertung? | |
Es gibt da einige Faktoren. Da war eine Internet-Aufbruchstimmung, das | |
Gefühl, ein neues Zeitalter hat begonnen. Das ermöglichte es den Anlegern, | |
über Onlinebroker kostengünstig am Aktienmarkt zu spekulieren. Davor haben | |
die Banken einen Haufen Gebühren genommen, wenn man Käufe oder Verkäufe | |
angeordnet hat. Mit dem Netz war der Zugang viel niederschwelliger. Der | |
Hype war so groß, dass bei jeder Neuemission die Nachfrage um ein | |
Vielfaches höher war als das Angebot an Aktien | |
Was hatte das für Folgen? | |
Anleger haben blind unlimitierte Zeichnungsaufträge ihrer Bank gegeben, | |
ohne auch nur die geringste Ahnung zu haben, an was für einem Unternehmen | |
sie sich beteiligen. Es war egal, es ist ja sowieso alles gestiegen, und | |
Banken haben teilweise großzügig Überziehungskredite für Zeichnungen | |
eingeräumt. | |
Und die Politik griff nicht ein? | |
Es gab eine sehr marktfreundliche Politik des billigen Geldes unter | |
Clinton. Mit den Zinssenkungen war viel Liquidität im Markt. Und außerdem | |
fühlten sich einige Experten befleißigt, die Stimmung weiter anzuheizen, | |
angesehene Leute warben für Aktieninvestments. Das ist schon irre, wenn man | |
sich die Empfehlungen von damals ansieht, sagen wir von André Kostolany. | |
Der empfahl zum Beispiel die T-Aktie, die damals als Volksaktie an den | |
Markt ging. | |
Das war sicherlich ein Knackpunkt. Manfred Krug war fortwährend im | |
Fernsehen und hat erzählt, wie großartig das mit der Telekom-Aktie wird. | |
Und Leute, die Börsengeschäfte eigentlich für Teufelszeug hielten, begannen | |
zu spekulieren. Da fraß die Gier das Hirn. Auf jeder Party hat man seine | |
Depots verglichen, jeder wollte dabei sein. So eine "Mein Haus, mein Auto, | |
mein Boot"-Einstellung. | |
Bis der neue Markt einbrach. | |
Sobald der Aktienmarkt zum Partygespräch wird, sollte man aussteigen. Die | |
Bewertungsmaßstäbe waren damals absurd. Klassische Methoden galten als | |
nicht mehr zeitgemäß. Bewertet wurden Dotcom-Unternehmen nach | |
Seitenaufrufen oder anderen innovativen Kriterien. Es waren im wahrsten | |
Sinne des Wortes Fantasiepreise. | |
Und Facebook heute? Da werden Nutzer mit pauschal 200 Dollar pro Person | |
angesetzt. Tatsächlich erwirtschaften Facebook nur einen Bruchteil. | |
Aber Facebook ist ja kein Hinterzimmer-Unternehmen, sondern erwirtschaftet | |
tatsächlich Geld. Und der Bekanntheitsgrad ist enorm: Selbst Google hatte | |
nicht diese Aufmerksamkeit, als es an die Börse ging. Das kann durchaus zur | |
Folge haben, dass die Aktie blind gezeichnet wird. Andererseits können | |
Märkte lange Zeit ineffizient arbeiten. Bei Google haben auch viele vorher | |
befürchtet, die Aktie sei überbewertet, stattdessen ist sie im Preis | |
gestiegen. Ich persönlich würde mir Facebook-Aktien nicht ins Depot legen, | |
aber dass eine Facebook-Blase droht, halte ich für unwahrscheinlich. | |
Gibt es momentan wieder diese überhitzte Stimmung, die vor zehn Jahren die | |
Dotcom-Phase begleitet hatte? | |
Im Gegenteil. Die Stimmung ist verhalten und unsicher. Keiner weiß genau, | |
wie es weitergeht. Das hängt mit der politischen Situation zusammen: die | |
Euro-Krise, die horrende Staatsverschuldung der USA und der EU. Man sieht | |
das an den steigenden Gold-, Silber- und Rohstoffpreisen und den niedrigen | |
Zinsen. Momentan können Banken sich Geld zu null Prozent leihen, damit am | |
Markt als sicher qualifizierte Staatsanleihen kaufen und Zinsen kassieren, | |
die vom Steuerzahler aufgebracht werden müssen. So was geht nicht ewig gut. | |
Warum nicht? | |
Die eigentlich Blase findet man momentan nicht am Aktienmarkt, sondern bei | |
den Staatsanleihen. Und das liegt an dieser verantwortungslosen Politik. | |
Selbst Hitler hat nicht so viele Schulden gemacht wie unsere | |
Bundesregierung. Die Blase am Anleihemarkt könnte irgendwann platzen, wenn | |
Investoren das Vertrauen in die Währung und die Politik verlieren. Das | |
passiert jetzt schon: Bill Gross von Pimco, dem größten Anleihe-Investor in | |
den USA, hat sämtliche US-Anleihen verkauft. Wenn der Staat keine Abnehmer | |
mehr für seine Schuldtitel findet, bleibt als letzter Käufer nur noch die | |
Notenbank. Dann werden Schulden mit der Notenpresse bezahlt. Das heißt: | |
Inflation. | |
11 Jul 2011 | |
## AUTOREN | |
Frédéric Valin | |
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