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# taz.de -- Studenten meiden Unis: Nachwuchsdruck nur im Labor
> Trotz doppelter Abi-Jahrgänge und Wegfall der Wehrpflicht verzeichnen nur
> Fachhochschule mehr Bewerber. Universitäten bauen kostengünstige Fächer
> aus.
Bild: Keine Studentenschwemme: Im Hörsaal werden noch mehr Plätze frei bleiben
Der Bewerber-Rekord an den drei großen Berliner Unis ist ausgeblieben. Zwar
haben in Bayern und Niedersachsen wegen der verkürzten Schulzeit gleich
zeit Jahrgänge ihr Abitur gemacht, zudem ist die Wehrpflicht weggefallen.
Dennoch streben derzeit kaum mehr Leute einen Studienplatz an Freier,
Technischer oder Humboldt-Universität an. Nur die TU verzeichnet einen
moderaten Anstieg, hier gibt es 17.526 Bewerber statt 15.988 zum letzten
Wintersemester. Die FU Berlin erwartet aktuell rund 30.500 Bewerber und
damit ähnlich viele 2010. Die HU meldet gar Rückgang: bisher 32.506
Anfragen statt zuletzt 35.200.
Die Senatsverwaltung für Wissenschaft rechnet dennoch mit einem
Bewerberrekord. Denn die Studierwilligen drängt es vor allem zu den
Fachhochschulen. Zahlen für die ganze Stadt hat Christian Walter, Sprecher
der Wissenschaftsverwaltung, zwar noch nicht. Aber allein bei der
Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) begehren 16.320 einen Platz -
fast 50 Prozent mehr als im Vorjahr.
Das trifft die Hochschulen nicht völlig unvorbereitet. Wegen der doppelten
Abiturjahrgänge wurden die Studienplätze für Anfänger ausgebaut. Das zu
Jahresbeginn dann auch noch die Wehrpflicht ausgesetzt wurde, hatte aber
niemand auf dem Schirm haben können. Deshalb wird es vor nun allem in
kostspieligen Studienfächern zu Engpässen kommen.
"Wir mussten kurzfristig reagieren", erklärt Christian Walther. Im Frühjahr
sei daher mit den Hochschulen eine Kapazitätssteigerung von zehn Prozent
vereinbart worden. Die Unis ziehen langfristig ohnehin geplant
Aufstockungen vor. "In kostenintensiven, Apparate-gebundenen Studiengängen
kann man das nicht so ohne Weiteres machen", erklärt Walther. "Neue Plätze
im Labor muss man erst bauen." Einfacher sei die Aufstockung in den
Geistes- und Kulturwissenschaften. Im Klartext bedeutet das: wer etwa
Biotechnologien studieren will, muss mit härterer Konkurrenz rechnen, als
bei Germanistik. Wolfgang Huhnt, Vize-Präsident für Studium und Lehre an
der TU Berlin, wirbt um Verständnis: "Wir können nicht für ein Ausnahmejahr
ein neues Labor bauen, die Kosten gibt uns niemand wieder."
Damit setzt verstärkt sich ein Trend, den das des gemeinnützigen Centrums
für Hochschulentwicklung (CHE) ausgemacht hat: Die weniger kostenintensiven
Studiengängen werden stärker ausgebaut als etwa die teureren wie der
Medizin und in den Naturwissenschaften. "In Berlin ist in den letzten
Jahren der überwiegende Anteil der zusätzlichen Studienplätze in den
Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften entstanden", sagt Christian
Berthold von der Beratungsfirma CHE Consult: 2009 stellten diese drei
Bereiche 10.070 der insgesamt 26.326 Studienanfänger in Berlin. Für sie
überweist das Land an die Unis pro Student 12.000 Euro. Ein Student der
Naturwissenschaften schlägt aber schon mit 23.000 Euro im Haushalt zu Buche
schlägt.
Bisher zeichnet sich nicht ab, dass die großen Berliner Unis überhaupt
insgesamt mehr Plätze schaffen zum Wintersemester schaffen. Die FU Berlin
bietet 4.000 Plätze an, das wären elf als im Vorjahr. Die HU Berlin kommt -
die zulassungsfreien Studiengänge mit eingerechnet - wie im letzten Winter
auf 5.300. Die Platzzahl an der TU sinkt sogar von 4.644 auf 4.338.
Allerdings sind drei zulassungsfreie Studiengänge noch nicht
berücksichtigt.
Ein Zuwachs wäre auch gar nicht drin, sagt TU-Vize Wolfgang Huhnt: "Wir
haben die Grenze der Belastbarkeit erreicht." Zwar bekommen die Uni vom
Land pro Student eine Extrazahlung. Huhnt schränkt aber ein: "Mit
zweijähriger Verspätung. Wir bekommen jetzt das Geld für Studenten aus dem
Wintersemester 2009/10."
27 Jul 2011
## AUTOREN
Markus Mähler
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