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# taz.de -- Urban Gardening auf St. Pauli: Große Freiheit Ackerbau
> Auf St. Pauli ist in den letzten Wochen ein Nachbarschaftsgarten
> entstanden. Das Projekt ist nicht kommerziell, jeder ist eingeladen
> mitzumachen.
Bild: Nachbarschaftsgarten in St. Pauli: 20 bis 30 Hobby-GärtnerInnen hegen hi…
Wo die Große Freiheit leiser wird, zwischen St. Pauli Druckerei und Indra,
stehen drei Frauen und ein kleines Mädchen in einem Innenhof, tief gebeugt
über orangene Bäckerkisten. Sie pflanzen Spinatzöglinge um, einmal Sorte
"Bordeaux" und einmal "Stinknormal", so die Auskunft der fünfjährigen
Martha. Sie wohnt in dem weißen Haus rechts. Von ihrem Balkon aus hat sie
einen direkten Blick auf den Gemeinschaftsgarten.
Entstanden ist das Projekt "Gartendeck" beim Sommerfestival Kampnagel.
Jeder kann mitmachen, zwischen 20 und 30 Leute hegen bereits regelmäßig das
junge Gemüse in den 500 Kisten. Sie alle kommen direkt oder aus der
unmittelbaren Nähe von St. Pauli. Ihnen ist wichtig, was hier passiert:
"Durch den Garten verschaffen wir uns auch einen gewissen
Handlungsspielraum im Viertel", sagt Claudia Plöchinger, Leiterin des
Gartendecks. Denn das Projekt etabliert sich langsam, wenn auch erstmal nur
für einen Sommer.
Beim Urban Gardening werden brachliegende Flächen in Großstädten durch
Anwohner in nichtkommerzielle Gartenflächen verwandelt. Kein neues
Phänomen. In Berlin etwa gibt es seit drei Jahren das Projekt
"Prinzessinnengarten", erzählt Kerstin Davies. Die Grafikerin steht in
roten Flip-Flops vor den Setzlingskisten und drückt mit einem Holzstock
kleine Löcher in die Erde, vier quer, acht längs.
In einem Blog hatte sie von dem Projekt in Kreuzberg gelesen und daraufhin
nach etwas Ähnlichem in ihrer Nähe gesucht. "Dass wir nicht professionell
arbeiten, erkennt man schon am Werkzeug", sagt sie und wischt sich den
Schweiß von der Stirn. Sie wirkt zufrieden, wie alle Nachbarschaftsgärtner,
die an diesem Nachmittag auf den heißen Teerplatten arbeiten.
Die Ausstattung im Gartendeck wird jeden Tag besser. Rechen und Schaufeln,
Eimer und Gießkannen kommen zum Teil von Schrebergartenauflösungen, wenn
etwas dringend gebraucht wird, fährt Plöchinger zum Baumarkt. Ansonsten
dient der Holzstock als Universalwerkzeug.
Noch im Mai war unklar, ob sich für das Projekt ein Platz finden würde. Das
Gemüse wurde erst einmal im Hofgarten der St. Pauli Kirche gesät, doch noch
am selben Tag stellte die Stadt die 1.100 Quadratmeter Brachfläche in der
Großen Freiheit zu Verfügung. Pünktlich zu den Harley Days war Umzugstag,
50 GärtnerInnen überquerten mit Blumenkübeln, Schaufeln und Eimern die
Reeperbahn, vorbei an den aufheulenden Maschinen.
Projektleiterin Plöchinger raucht drei hastige Züge. Sie ist in Eile, das
Handy klingelt ständig. Jemand möchte einen Leiterwagen vorbeibringen, als
Geschenk. "Wir folgen einem Prinzip der Nichtparzellierung", sagt
Plöchinger. Ein Garten als Gemeinschaftsgut. Jedes Bedürfnis könne hier mit
einem "ja, mach mal" beantwortet werden. Was reif ist, wird geerntet:
Radieschen, Tomaten, Mais und Kräuter teilen die HelferInnen unter sich
auf. Abschluss des Projekts soll ein Festmahl aus den selbst gezogenen
Bioprodukten sein.
Neben dem aus Klarsichtfolie und Ästen gebastelten Gewächshaus ist in
großen Lettern "No more gentrification" an die Wand gesprüht. Seit wann,
weiß keiner. "Manchmal frage ich mich, ob das nun für oder gegen uns
sprechen soll", sagt die 33-Jährige. Mit der Stadt ist die Nutzung des
Geländes bis Ende November vereinbart, Verlängerung nicht ausgeschlossen.
28 Jul 2011
## AUTOREN
Laura Lepple
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