# taz.de -- Präsiedentschaftskandidaten in Namibia: Risse im nationalen Selbst… | |
> Darf ein Nichtmitglied des dominierenden Ovambo-Volks Namibia führen? Die | |
> "tribale Frage" spaltet die Regierungspartei bei der Suche nach dem | |
> nächsten Präsidenten. | |
Bild: Deutschlandreise: Hage Geingob, damals namibischer Premier, 2000 bei Auß… | |
WINDHOEK taz | Eigentlich ist noch viel Zeit. 2014 wählt Namibia einen | |
neuen Präsidenten. Amtsinhaber Hifikepunye Pohamba kann nach zwei | |
Amtszeiten nicht mehr kandidieren. Im Dezember 2012 wählt die | |
Regierungspartei Swapo (Südwestafrikanische Volksorganisation) – die | |
ehemalige Befreiungsbewegung, die Namibia seit der Unabhängigkeit 1990 | |
regiert – auf einem Parteitag eine neue Führung. Der nächste | |
Swapo-Präsident wird auch Präsidentschaftskandidat, außer wenn es weiter | |
Pohamba ist. | |
Aber die Debatte über Pohambas Nachfolge an der Staatsspitze tobt schon | |
jetzt. Zwei aussichtsreiche Anwärter schälen sich heraus, und beide sind | |
kontrovers. Auf der einen Seite die Swapo-Generalsekretärin und derzeitige | |
Justizministerin Pendukeni Ivula-Ithana; sie würde die erste Staatschefin | |
im südlichen Afrika. Ihr Gegenspieler: der Swapo-Vizepräsident und | |
derzeitige Industrieminister Hage Geingob; er wäre der erste Präsident | |
Namibias, der nicht aus dem Ovambo-Volk stammt. | |
Geingob gehört zur Minderheit der Damara. Die Swapo-Führung und die meisten | |
Swapo-Wähler sind Ovambos aus dem Norden des Landes, auch Staatsgründer Sam | |
Nujoma, Präsident Pohamba und eben Generalsekretärin Ivula-Ithana. | |
## Tief verwurzelter Tribalismus | |
Geingob wäre der natürliche Nachfolger Pohambas. Er war bis 2004 | |
Premierminister und galt damals als der charismatischste Politiker des | |
Landes. Aber die meisten Parteitagsdelegierten werden Ovambos sein und nach | |
tribalen Linien abstimmen, fürchten Beobachter. "Tribalismus ist in Namibia | |
tief verwurzelt", sagt der politische Kommentator Johannes Haufiku. | |
Die Swapo, die einst die südafrikanische Besatzung und die Übermacht der | |
weißen Siedler im einstigen Südwestafrika bekämpfte, regiert Namibia seit | |
der Unabhängigkeit mit gigantischen Mehrheiten. Zu sagen, es gebe ethnische | |
Spannungen unter Namibias Schwarzen, rührt an das Selbstverständnis der | |
ehemaligen Befreiungsarmee. | |
Swapo hat jetzt die Diskussion der Nachfolgefrage verboten, aber das | |
hindert die Menschen nicht daran, darüber zu reden. Öffentlich sprach das | |
Thema zuerst im Februar der damalige Vizejugendminister Kazenambo Kazenambo | |
an, selbst vom Volk der Herero: Namibias nächster Präsident sollte von | |
einem Minderheitenvolk kommen, sagte er der Zeitung Windhoek Observer, die | |
Geingob nahesteht. | |
Es hagelte Kritik – und auch Unterstützung. Präsident Pohamba beförderte | |
Kazenambo zum Minister für Jugend, Kultur und Sport, wohl als demonstrative | |
Unterstützung, aber der Streit zwischen ihm sowie Geingob und | |
Generalsekretärin Ivula-Ithana, in Namibia als "eiserne Lady" bekannt, | |
vertiefte sich. Als Kazenambo vor Kurzem die Legalisierung der Prostitution | |
vorschlug, forderte sie vom Swapo-Politbüro disziplinarische Maßnahmen | |
gegen ihn – erfolglos. | |
## Der Machtkampf als Seifenoper | |
"Viele in der Swapo finden, dass es zu früh ist, um jemanden von einer | |
Minderheit an die Macht zu lassen", sagt ein hochrangiges Parteimitglied, | |
das nicht namentlich genannt werden will. "Es scheint, als wollten Ovambos | |
sicherstellen, dass Geingob nicht Präsident wird." | |
Der Machtkampf entwickelt sich zur Seifenoper. Ivula-Ithana wurde wütend | |
über Fotos von ihr in der staatlichen Tageszeitung New Era, die ihr nicht | |
gefielen: "Wieso druckt ihr hässliche Bilder von mir?", fuhr sie jüngst | |
einen Reporter an. "Ihr seid Teil der Kampagne gegen mich." | |
Im Mai organisierte die Swapo in Windhoek ein afro-chinesisches Jugendforum | |
mit über 180 Jugendführern aus China und 17 afrikanischen Ländern. Chinas | |
KP hatte versprochen, die Kosten zu tragen, tat das aber nicht. Das | |
Swapo-Politbüro forderte daraufhin die Ministerien von Geingob und | |
Kazenambo auf, die Rechnungen zu bezahlen. Jugendminister Kazenambo, der | |
ebenso wie Industrieminister Geingob das Forum boykottierte, weigert sich. | |
Eine der Ausrichterfirmen verklagt jetzt die Swapo. | |
2 Aug 2011 | |
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