Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Agenten auf Mitarbeitersuche: Neuer Jobmarkt für Spione
> Klopfklopf, dürfen wir eintreten? In Freiburg gehen Agenten auf
> Mitarbeitersuche. Sie wollen mehr über die linke Szene wissen und werben
> um Vertrauensleute.
Bild: Laut Sicherheitsbehörden nimmt linksextreme Gewalt zu - dagegen sollen v…
BERLIN taz | Nein, sehr redselig ist der Herr nicht, der angeblich Henry
Bratsche heißen soll, als er an sein Handy geht. Ach, man sei Journalist?
Dann habe sich das Gespräch wohl erledigt. Alles weitere, sagt der Herr
dort am Telefon, könne einem ja Herr Neumann dann erklären.
Aber Tobias Neumann* kann eben nicht ganz erklären, wer der Mann vor seiner
Wohnungstüre war, der ihm am 1. Juni gegen Mittag seine Rufnummer mitgab.
Henry Bratsche heiße er, und er sei "vom Innenministerium". So habe sich
der Mann in Begleitung einer weiteren Person im Hausflur vorgestellt,
erzählt Neumann. Und dann wollte Bratsche wissen, ob Friedensaktivist
Neumann, der in einem Vorort von Freiburg wohnt, nicht Interesse hätte,
Infos aus der autonomen Szene Freiburgs zu sammeln und dem Staat zur
Verfügung zu stellen. Gegen steuerfreie Entlohnung, lautete das Angebot. So
jedenfalls erzählt den Hergang Tobias Neumann.
Der 31-Jährige ist aktiv im Freiburger Friedensforum und in
stadtpolitischen Gruppen. Er ist Mitglied der Deutschen
Friedensgesellschaft und bezeichnet sich selbst als Pazifisten. Und weil er
nicht der einzige ist, der in den letzten Monaten im Raum Freiburg von
Anwerbeversuchen durch Agenten betroffen sein soll, schlägt dort die
Autonome Antifa nun Alarm. Mindestens vier Personen, so schildert es die
Freiburger Gruppe, seien zwischen März und Juli bereits angesprochen
worden. Man habe sie gefragt, ob sie bereit seien, Auskünfte über die linke
Szene und insbesondere gewaltbereite Autonome zu liefern.
In einem Fall, so heißt es, soll dabei ein Monatsgehalt von bis zu 2.500
Euro in Aussicht gestellt worden sein. Der Job sollte für zwei Jahre
bestehen, und es gäbe auch die Option, anschließend vielleicht sogar in den
Staatsdienst übernommen zu werden.
## Sicherheitsbehörden setzen vermehrt auf verdeckte Ermittler
Neumann hat das aufgeschreckt. Denn die Beamten, die nicht mitgeteilt
hätten, von welcher Behörde sie stammten, hätten durchaus Detailkenntnis
über die Aktivitäten des Friedensaktivisten gehabt, erzählt er. Neumann
lehnte das Angebot ab. Wie auch die anderen drei Personen, die angesprochen
wurden und deren Fälle bekannt wurden.
Und Henry Bratsche? Der findet sich in keinem Telefonbuch. Auch seine
Nummer ist nirgendwo registriert. Am Telefon meldet sich der Mann nicht mit
Namen, ist wortkarg, legt schnell wieder auf. Wen wundert es?
Denn dass die Sicherheitsbehörden im Kampf gegen Linksextremismus vermehrt
auf verdeckte Ermittlungsmaßnahmen setzen wollen, hatte jüngst erst der
Chef des Bundeskriminalamts, Jörg Ziercke, betont. Weil Fälle linksextremer
Gewalt nach Zählart der Innenminister sprunghaft angestiegen sind, befinden
sich die Sicherheitsbehörden derzeit in Alarmbereitschaft. Sie wollen
nähere Erkenntnisse über das klandestine linke Milieu gewinnen. Denn hinter
vorgehaltener Hand heißt es auch unter Verfassungsschützern: Wenn es um die
inneren Zirkel geht, wüssten die Behörden auch nicht wirklich viel.
Von welcher Behörde Herr Bratsche nun stammte, bleibt vorerst ein Rätsel.
Erwartungsgemäß wollten sich weder der baden-württembergische
Verfassungsschutz, noch das Landeskriminalamt oder das
Landesinnenministerium, auf das sich Bratsche berufen haben soll, gegenüber
der taz zu den Fällen äußern. Und Bratsche selbst - der verwies ja bereits
auf Herrn Neumann.
* Name geändert
3 Aug 2011
## AUTOREN
Martin Kaul
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.