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# taz.de -- Offshore-Windparks: Lücken im Rettungssystem
> Die Offshore-Windparks in der Nordsee liegen Dutzende Kilometer vor der
> Küste. Auch dort aber kommt es zu Arbeitsunfällen. Klarere Regeln für die
> Rettung in solchen Fällen fordert nun das Havariekommando.
Bild: Ausreichend oder nicht? Bei einem Offshore-Unfall würde die Rettungsmann…
HAMBURG taz | Sie arbeiten auf einer großen Industriebaustelle - 90
Kilometer von der Küste entfernt. Verletzt sich einer der 250 Mitarbeiter
des Offshore-Windparks Bard, müssen zunächst die Kollegen helfen. Sollte
ein Arzt benötigt werden, startet der in Emden, in einem privaten
Rettungshubschrauber im Auftrag des Windpark-Betreibers. Allein der Flug
dauert 45 Minuten.
Doch was ist, wenn der Hubschrauber nicht starten kann? Am Festland würden
die privaten Retter den Staat zur Hilfe rufen: Weiß die Betriebsfeuerwehr
bei einem Brand nicht weiter, holt sie die städtischen Kollegen hinzu. Auf
See aber könne der Staat nicht in gleicher Weise einspringen, sagt das
Havariekommando (HK). Diese Gemeinschaftseinrichtung von Bund und
Küstenländern koordiniert die Rettungsmaßnahmen etwa bei großen
Schiffsunfällen.
In Sachen Windparks seien die Zuständigkeiten "noch nicht geklärt", sagt
HK-Sprecherin Ulrike Windhövel. Da geht es dann auch um ganz praktische
Fragen: Welche Einsatzkräfte müssen darauf vorbereitet sein, offshore zu
helfen - Feuerwehren, Rettungsdienste, Seenotretter, Marine? Mitarbeiter
müssen geschult, Geräte angeschafft werden. Schließlich sind die
Einsatzbedingungen anders als an Land oder auch auf Schiffen.
Auch verlangt das HK klare Regeln, wie ein Rettungskonzept der
Windpark-Betreiber auszusehen hat: Wie viele Hubschrauber müssen für wie
viele Offshore-Standorte vorhanden sein? Wie oft müssen Menschen und
Maschinen Notfallübungen machen? Welche Behörde überprüft das? Und: Es
fehle eine Koordinierungsstelle, die den Überblick behält.
Bisher gibt es erst zwei Windparks in der Nordsee - neben dem Park Bard,
der noch längst nicht fertig ist, läuft die Pilotanlage Alpha Ventus (siehe
Kasten). Doch 21 Windparks sind schon genehmigt, weitere Anträge werden von
den Behörden geprüft. Werden die alle gebaut, sind sehr viele Menschen auf
hoher See am Werk - und potentiell Unfallopfer.
Die Zuständigkeiten auf hoher See sind bisher schon breit verteilt über die
Behörden von Bund und Ländern: Für Rettung und Suche im Zusammenhang mit
dem Schiffsverkehr ist der Bund zuständig. In der Praxis fährt die Deutsche
Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) zu Schiffsunfällen, die
Marine stellt Hubschrauber. Aus Sicht des Bundesverkehrsministeriums sind
normale Notfälle jedoch Sache der Länder, zu deren Aufgaben der allgemeine
Rettungsdienst gehört. Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie
wiederum muss zwar die Windparks genehmigen - für den Arbeitsschutz ist
aber zum Beispiel das Gewerbeaufsichtsamt Oldenburg zuständig.
Neuland sind die Offshore-Parks also nicht nur für die Ingenieure. "Es hat
bei unseren Rettungskonzepten Defizite gegeben", sagt Andreas Kölling,
Sprecher des Bard-Parks. Man könne sich nicht nur auf Marine und DGzRS
verlassen. Deswegen haben man Anfang Juli das neue Konzept mit dem privaten
Rettungshubschrauber eingeführt. Der gehört zum Unternehmen Northern
Helicopter, dessen Geschäftsführer Frank Zabell wiederum hofft, mit seinem
Angebot auch weitere Windparkbetreiber überzeugen zu zu können.
Beim Bau des Windparks Alpha Ventus kam es im Herbst 2009 zu einem Unfall:
Ein Mann war bei Kabelarbeiten im Inneren des Turms in 15 Meter Höhe
abgestürzt - Rettung kam vom Havariekommando. Zwar scheiterten Versuche,
ihn mit einem Seenotkreuzer zu bergen, an den bis zu drei Meter hohen
Wellen. Dann aber konnte vom Marinehubschrauber aus eine Leine übergeben
werden, an der die Trage für den Verletzten befestigt wurde. "Das war
rechtlich heikel", sagt HK-Sprecherin Windhövel. Die Aktion sei aber im
Nachhinein genehmigt worden. Dieses Manöver habe man danach auch mit dem
eigenen Hubschrauber geübt, sagt Claus Burkhardt, einer der
Alpha-Ventus-Geschäftsführer.
Das HK wird kontrolliert von einem Kuratorium, in dem je ein Vertreter vom
Bund und der beteiligten Länder sitzen. Dort wird ein Strategiepapier zum
Thema Rettung bei Offshore-Windparks diskutiert. Das HK könne die
Koordinationsaufgaben durchaus übernehmen, sagt Windhövel. Aber dann
brauche man eben den klaren Auftrag.
7 Aug 2011
## AUTOREN
Daniel Kummetz
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